Wie viele Fixationen von Personen gab es 2023 in Aargauer Spitälern bzw. Notaufnahmen?
Lelia Hunziker (SP/Aarau, Sprecherin) und Mia Jenni (SP/Obersiggenthal) haben im Grossen Rat eine Interpellation eingereicht, in der sie zahlreiche Fragen zum Thema medizinische Zwangsmassnahmen bzw. Fixationen in den Spitälern des Kantons Aargau stellen.
Sie begründen den Vorstoss so: Verschiedene Akteure wie Blaulichtorganisationen, Spitäler und Psychiatrie sind regelmässig mit Personen mit herausforderndem Verhalten konfrontiert. Dabei kann es zum Einsatz von Zwangsmassnahmen bzw. Fixationen für Selbst- und Fremdschutz kommen.
Für die Einschränkung der Bewegungsfreiheit sieht das Gesundheitsgesetz (GesG) unter anderem vor, dass Spitäler die Bewegungsfreiheit von Patientinnen und Patienten ausnahmsweise einschränken können, wenn dies zur Abwendung einer ernsthaften Gefahr für das Leben oder die körperliche Integrität der betroffenen Person oder Dritter erforderlich ist.
Diese Bestimmung ist die Rechtsgrundlage für in der Praxis vorkommende Zwangsmassnahmen wie eine Behandlung ohne Zustimmung oder Fixationen bilden. Es handelt sich dabei um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff, weshalb dessen Regelung bereits auf Gesetzesebene erfolgt. Die Bestimmung ist explizit als Massnahme in einer Ausnahmesituation mit restriktiv gehaltenen Voraussetzungen formuliert, schreiben Hunziker und Jenni weiter.
Insgesamt sei in der Schweiz "in den letzten Jahren, trotz Bemühungen, leider eine steigende Tendenz der Anwendung von Zwangsmassnahmen zu verzeichnen", so die Interpellantinnen. In den psychiatrischen Kliniken der Akut- und Grundversorgung habe im Jahr 2021 der Anteil von Fällen mit mindestens einer Zwangsmassnahme bei 11,5 % gelegen. Im Vorjahr waren es 10,3 % (Obsan, 2023)2 . Das schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) verzeichnete spezifisch in der Anzahl der Fürsorgerischen Unterbringungen (FU) einen Anstieg.
In akuten Krisensituationen sind verschiedene Akteure involviert
In der Zusammenarbeit mit Personen mit herausforderndem Verhalten stellen sich den Interpellantinnen verschiedene Fragen. Vor allem auch, da in akuten Krisensituationen verschiedene Akteure (Polizei [Kapo, Repol], Amtsärzte [aktuell Oseara], Spitäler [Kantons- und Regionalspitäler], psychiatrische Kliniken [PDAG], weitere Fachstellen und Privatpersonen) involviert sind.
Hunziker und Jenni bitten den Regierungsrat jetzt um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Gibt es Prozesse (Entscheide, Triage, Zuständigkeiten, Verantwortung) vom Eingang einer Meldung bis zur medizinischen Versorgung von Personen mit herausforderndem Verhalten? Wenn ja, welche?
2. Bestehen Vereinbarungen zwischen den Akteuren? Wie sind die Abläufe geregelt? 1 socialnet Lexikon: Herausforderndes Verhalten | socialnet.de 2 https://www.obsan.admin.ch/de/jahresbericht-2023
3. Wer ordnet allfällige medizinische Zwangsmassnahmen bei Personen mit herausforderndem Verhalten an?
4. Wie erfolgt die gemäss Gesetz nötige Dokumentation bei medizinischen Zwangsmassnahmen (Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 21.5.2008 zu § 29 GesG)?
5. In welchen Fällen wird die medizinische Zwangsmassnahme der Fixation angewendet?
6. In wie vielen Fällen wurde im letzten Jahr die Fixation in den Spitälern/Notaufnahmen angewendet?
7. Gibt es eine Auswertung und Evaluation dieser Fälle?
8. Werden deeskalierende Massnahmen im Umgang mit Personen mit herausforderndem Verhalten angewendet, wird das Personal von Polizei und Spitälern darin geschult?