Wie den Ertrag aus Photovoltaik-Anlagen versteuern?
Die Grossräte Bernhard Scholl, Möhlin, FDP (Sprecher), Gabriel Lüthy, Widen, FDP und Adrian Meier, Menziken, FDP haben eine Motion eingereicht, mit der sie den Regierungsrat beauftragen wollen, bei der Einkommensbesteuerung des Ertrages aus Photovoltaikanlagen auf das Nettoprinzip gemäss der Schweizerischen Steuerkonferenz umzustellen, wie es bei der Mehrzahl der umliegenden Kantone Praxis sei.
Es sei wenig sinnvoll, die vom Bund mittels Einmalvergütung subventionierte und umweltschonende Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen höher als die meisten Kantone zu besteuern, schreiben die drei Grossräte.
Sie begründen ihren Vorstoss so: Gemäss der «Analyse zur steuerrechtlichen Qualifikation von Investitionen in umweltschonende Technologien wie Photovoltaikanlagen» der Schweizerischen Steuerkonferenz (aktualisiert am 27. August 2020) erfolge die Bemessung des Ertrages aus Photovoltaikanlagen wie folgt: Entschädigungen für die Überlassung von Liegenschaftsteilen zum Betrieb einer Solaranlage stellen demnach steuerbares Einkommen aus unbeweglichem Vermögen dar. Erfolgt die Stromerzeugung nicht kommerziell, stellen Einkünfte daraus, wie etwa Entschädigungen aus Einspeisevergütung, Einmalvergütungen oder Direktvermarktung, gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung hingegen steuerbares Einkommen im Sinne der Generalklausel von Artikel 16 Absatz 1 DBG bzw. Artikel 7 Absatz 1 StHG dar.
Weil Einspeisevergütungen somit nicht als Ertrag aus unbeweglichem Vermögen qualifizieren, könne selbst erzeugter Strom auch nicht der Eigenmietwertbesteuerung gemäss Artikel 21 Absatz 1 lit. b DBG unterliegen. Bei Anlagen, welche der Eigenbedarfsdeckung dienen, bestehen gemnäss den Motionären unterschiedliche kantonale Praxen bezüglich der Besteuerung der Entschädigungen aus Stromerzeugung:
Hier Netto-, da Bruttoprinzip
– Nettoprinzip: In einigen Kantonen gelte das Nettoprinzip. Soweit die Anlage der Eigenbedarfsdeckung dient, wird lediglich der Betrag besteuert, der netto aus der Anlage erwirtschaftet wird, d.h. Gesamtvergütung abzüglich des Eigenverbrauchs. Dies in Anlehnung an andere Umweltschutzmassnahmen (Solarkollektoranlage, Wärmeisolation, Wärmepumpenheizung usw.). Wenn die Erzeugung zeitgleich den Verbrauch nicht übersteige, könne von einer Eigenerzeugung ausgegangen werden. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Überschussenergie (Graustrom) zu den gültigen Tarifen des lokalen Elektrizitätswerks oder als ökologischer Mehrwert (Zertifikat, welches durch den Produzenten gehandelt werden kann) vergütet werde.
– Bruttoprinzip: Andere Kantone wenden das Bruttoprinzip an. Die Kosten für den Bezug der vom Eigentümer selbst benötigten Energie werden steuerlich als nicht abziehbare Lebenshaltungskosten qualifiziert. Als Folge davon werde der Bruttobetrag der Einspeisevergütung ungekürzt als Ertrag besteuert, so die Motionäre. In jedem Fall steuerbar sei der tatsächlich ins Netz eingespeiste Strom, der vom Netzbetreiber im Rahmen der KEV vergütet wird.
Gemäss Artikel 16 des am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Energiegesetzes (EnG) können die Produzenten entscheiden, ob sie ihren Strom am Ort der Produktion ganz oder teilweise selber verbrauchen wollen. Sofern ein Produzent von diesem Recht Gebrauch macht, werde ihm nur die tatsächlich ins Netz eingespeiste Energie als eingespeist behandelt und verrechnet. Dabei handele es sich um keine steuerliche Norm.
Einige Kantone verzichten laut Motionstext auf die Besteuerung von Einkünften aus Photovoltaikanlagen unter 10'000 kWh. Der Ertrag aus Photovoltaikanlagen stellt klarerweise steuerbares Einkommen dar und weder das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer noch das Steuerharmonisierungsgesetz kennen hierfür Steuerfreigrenzen. Der Verzicht auf die Besteuerung erfolge bei diesen Kantonen aus rein verwaltungsökonomischen Überlegungen.
So agieren umliegende Kantone
Die umliegenden Kantone BL, ZG und ZH wenden das Nettoprinzip an. In den Kantonen SO und LU ist der Eigenbedarf bis 10'000 kWh unbesteuert. Nur der Kanton BS wendet das Bruttoprinzip an. Im Übrigen wendet eine grosse Mehrheit der Kantone (17) das Nettoprinzip an. Der Kanton Aargau bezeichne die Besteuerung von Einspeisevergütungen «Nettoprinzip», schreibe die Motionäre weiter. Jedoch wende er nicht das Nettoprinzip an, wie es die Schweizerische Steuerkonferenz definiert (Gesamtvergütung abzüglich des Eigenverbrauchs), schreiben sie weiter.
Das steuerpflichtige Einkommen berechne sich aufgrund der Gutschrift für die gesamte Energiemenge, welche an das Netz abgegeben wird. Soweit der Strom aus einer eigenen Photovoltaikanlage direkt und zeitgleich selber konsumiert wird, erfolge hingegen keine Besteuerung. Der für den Eigenbedarf genutzte Strom müsse nicht versteuert werden. Aber ein Abzug für später aus dem Netz zugekauften Strom für den Eigenbedarf könne nicht vorgenommen werden. Der Kanton Aargau nenne das Verfahren "Nettoprinzip", heisst es in der Motion weiter, "entspricht in der Definition aber eher dem Bruttoprinzip. Ein Eigenheimbesitzer mit eigener PV-Anlage bezahlt deshalb ca. 300- 400 Franken mehr Steuern pro Jahr", so die Motionäre abschliessend.