Kostenbremse-Initiative der Mitte berücksichtigt demografische Entwicklung nicht

Gut eine Woche vor dem Abstimmungstermin vom 9. Juni hat die Regierung die Antwort auf eine Interpellation der FDP-Fraktion (Sprecherin Karin Faes, Schöftland) vom 5. März 2024 zu den möglichen Auswirkungen der Kostenbremse-Initiative auf den Kanton Aargau beantwortet.

Die Volksinitiative "Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen" ("Kostenbremse-Initiative") der Mitte-Partei wolle den steigenden Gesundheitskosten entgegenwirken und letztlich das Wachstum der Krankenkassenprämien bremsen, schickt die Regierung ihrer Antwort voraus. Die Kostenbremse-Initiative soll dafür sorgen, dass die Differenz zwischen den Gesundheitskosten und dem Einkommen der Bevölkerung nicht zu gross werde. Die Initiative würde den Bund bei einer Annahme verpflichten, in der OKP eine Kostenbremse einzuführen.

Er müsste dann zusammen mit den Kantonen, den Krankenkassen und den Erbringen von medizinischen Leistungen Massnahmen ergreifen, um die genannte Differenz zwischen Kosten und Löhnen zu minimieren. Die Umsetzung der Kostenbremse müsste in einem Gesetz geregelt werden. Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab, da sie wichtige Gründe für den Anstieg der Kosten nicht genügend berücksichtige.

Parlament hat indirekten Gegenvorschlag beschlossen

Sie haben darum einen indirekten Gegenvorschlag beschlossen. Dieser sieht vor, dass der Bundesrat alle vier Jahre festlegt, wie viel der Kostenanstieg betragen darf. Werden die Kostenziele überschritten, hat der Bundesrat korrigierende Massnahmen zu prüfen.

Der Bundesrat weise in seiner Botschaft an das Parlament darauf hin, dass die Initiative zu Rationierungen und einer Zweiklassenmedizin führen kann, antwortet die Regierung auf die Frage der FDP-Fraktion unter Verweis auf die bundesrätliche Botschaft dazu.

Womöglich Massnahmen verzögert oder gar nicht erbringen?

Der Regierungsrat erkenne die Möglichkeit, dass die Leistungserbringer zur Vermeidung allfälliger kostenbremsender Massnahmen ihre Leistungen verzögert oder gar nicht erbringen könnten, antwortet er jetzt konkret auf die FDP-Interpellation, und weiter: "Dies würde sich negativ auf die Versorgungsqualität auswirken."

"Gesundheitsversorgung im Aargau ist voraussichtlich nicht in besonderer Weise betroffen"

Sollten als Reaktion auf die steigenden Kosten zu strikten Massnahmen ergriffen werden, könnte es zudem sein, dass sich der Zugang zu Gesundheitsleistungen für vulnerable Patientengruppen verschlechtert, warnt die Regierung weiter. Die Gesundheitsversorgung im Kanton Aargau wäre voraussichtlich nicht in besonderer Weise betroffen.

Was heisst die Initiative mit Blick auf die Alterung der Bevölkerung?

"Wie beurteilt der Regierungsrat die Kostenbremse-Initiative in Anbetracht der demographischen Entwicklung (Stichwort alternde Bevölkerung) und den daraus potenziell entstehenden Kosten?", wollte die FDP weiter wissen. Die Bevölkerung erreicht stetig ein höheres Alter und chronische Krankheiten nehmen zu, antwortet die Regierung darauf. In Kombination mit dem medizinisch-technischen Fortschritt führt dies zu höheren Kosten im Gesundheitswesen und folglich zu höheren Prämien. Der Kostenanstieg sei somit nachvollziehbar.

Die Kostenbremse-Initiative knüpfe die kostenbremsenden Massnahmen an die Lohnentwicklungen, welche sich unabhängig von den Gesundheitskosten entwickeln. Die Initiative berücksichtige also einen wichtigen Faktor des Kostenanstiegs (die demografische Entwicklung) nicht. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass eine Kostendämpfung nicht die Diskussion über die Finanzierung der Kostenauswirkungen des demografischen Wandels ersetze.

"Der falsche Ansatzpunkt für eine Reduktion des Kostenwachstums"

Bei einer Annahme der Initiative könnte zwar die Kostenentwicklung eingedämmt werden, schreibt der Regierungsrat weiter. Er beurteilt die Initiative jedoch als zu starr. Demografischer Wandel und medizinisch-technischer Fortschritt würden zu wenig berücksichtigt. Aus Sicht des Regierungsrats ist die Initiative der falsche Ansatzpunkt für eine Reduktion des Kostenwachstums.

Mit den Kostendämpfungspaketen 1a, 1b und 2 sowie mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Kostendämpfungs-Initiative befinden sich heute schon viele Massnahmen in der Umsetzung oder in der Erarbeitung, welche der Kostenentwicklung in der OKP wirksam gegensteuern sollen, schreibt die Regierung weiter. Eine reine Kostendiskussion greife angesichts der demografischen Entwicklung zu kurz. Auch die Finanzierung der demografisch bedingten Zusatzausgaben sei zu beurteilen.

Zudem biete der aktuelle Art. 117 der Bundesverfassung dem Bund bereits heute genügend Spielraum, um die OKP zu regeln. Eine Anpassung der BV sei folglich nicht notwendig. Die Initiative setze für die Korrektur der Kostenentwicklung einzig auf Bund und Kantone, obwohl alle Akteure des Gesundheitswesens in der Pflicht sind, geeignete Massnahmen zur Kostendämpfung zu treffen oder zumindest mitzutragen.