Interpellation: was heisst der erste CO2-neutrale Beton für den Aargau und seinen Infrastruktur-Ausbaubedarf?
In einer neuen Interpellation stellen die Grossräte Stefan Giezendanner, SVP, Baden (Sprecher) und Daniel Notter, SVP, Wettingen, bohrende Fragen zum Kanton Aargau als Vorreiter bei Infrastrukturbauten.
Die beiden begründen dies so: Am 11. Juni 2024 habe der Grosse Rat richtungsweisend einer Richtplananpassung basierend auf dem Rohstoffversorgungskonzept (RVK 2020) zugestimmt. Damit sei die Rohstoffsicherstellung im Kanton Aargau für die nächsten Jahre gesichert und die involvierten Anspruchsgruppen seien von Seiten des Verbandes Kies und Beton (VKB) bis hin zu den Umweltverbänden und politischen Gruppierungen befriedigt.
Grosse Infrastrukturausbauten stehen an
Mit dem andauernden Bevölkerungswachstum standen und stehen im Kanton Aargau diverse Infrastrukturbauten, seien es Brückenübergänge (bspw. Pont Neuf), staatliche Bauten (bspw. Kantonsspitäler) wie auch Strassenbauten (bspw. Umfahrungen Mellingen) oder Strassenbelagssanierungen (bspw. [Zubringer] Nationalstrasse N1/N3), zur Realisierung an.
Bis zur Gegenwart sei der nachhaltigen Bauweise von Seiten des Kantons Aargau nur zu einem Teil Rechnung getragen und dem Aspekt der Kosten (zurecht) eine hohe Bedeutung eingeräumt worden, schreiben die Interpellanten. Der Nachhaltigkeit von kantonalen Rohstoffen wurde möglicherweise des Preises wegen zu wenig Bedeutung in den Submissionen geschenkt, kritisieren sie.
"Bei Infrastruktur- und Strassenbauten neu ausrichten"
Im Zeitalter der Kreislaufwirtschaft und der neusten Methoden zur Verarbeitung von Sekundärrohstoffen gelte es, sich als Kanton Aargau, möglicherweise als Vorreiterrolle, bei Infrastruktur- und Strassenbauten neu auszurichten. Der Kanton Aargau dürfe sich über eine Vielzahl innovativer Unternehmungen in der Baubranche glücklich schätzen. Dazu gehöretn unter anderem auch die Baustoffproduzenten JURA MATERIALS in Wildegg oder HOLCIM in Siggenthal.
Enorme Investitionen und Anstrengungen seien in den letzten Jahren von der Zementindustrie unternommen worden, um nachhaltigen Zement zu produzieren. Der Ausstoss von Kohlendioxid (CO2) wurde massiv gesenkt und trage damit bei den neusten Produkten in der Betonproduktion für aktiven Klimaschutz bei (bspw. JURA ECO von JURA CEMENT).
"Grüner Beton – wird der Klimakiller zum Klimaretter?" titelte am 11. Juni 2024 der Dokumentarfilm von NZZ-Format3 . NZZ-Format sprach mit Forschern und Unternehmern, die Pionierarbeit leisten, um den Baustoff Beton klimaneutraler zu machen, denn bis heute wird kein Baustoff in solchen Mengen und so vielfach verwendet wie Beton, so Giezendanner und Notter.
Erster CO2-neutraler Beton entwickelt
Kein Baustoff weise bis heute derart profunde und wichtige Eigenschaften (Luft- und Wasserbeständigkeit, Lebensdauer, Formbarkeit, Recyclingfähigkeit) auf wie Beton. Aber der (wesentliche) Negativpunkt dieses bis dato nicht substituierbaren Baustoffes war die CO2- Bilanz. Betonung auf war, denn nun, so die Interpellanten, "hat ein Schweizer Baustoffhersteller den ersten CO2-neutralen Beton entwickelt, mit dem bereits erste Häuser gebaut werden. Eine zentrale Rolle kommt dementsprechend vorgelagert den Schweizer Zementherstellern zu".
Dank dem (teilweisen) Substitut des Klinkers mit einheimischem kalziniertem Ton verringere sich der CO2-Austoss bei der Produktion signifikant. Die energetische Nutzung der Abwärme, welche bei der Produktion entsteht, sorge zudem für eine positive Energiebilanz. Der nachhaltige Zement mit kalziniertem Ton bilde alsdann wieder die Basis für die Betonherstellung, welche wiederum zirka 20 % weniger CO2-Emissionen pro m3 Beton generiert.
Weitere Rezepturen wie die Beimischung von Recycling-Beton oder Holzkohle-Extrakten (bspw. Kohle aus Pflanzen) sollen gar im besten Falle Klimaneutralität herbeiführen können. Durch diese neue Verfahrenstechnologien und der massiv verbesserten Klimabilanz bekomme Beton eine klimafreundliche Renaissance. Trotz den erhöhten Einstand- und Produktionskosten des nachhaltigen Zements respektive Betons werden die Gesamtkosten über die gesamte Lebensdauer sehr interessant – nicht nur für Infrastrukturbauten, sondern auch für Neubauten und Sanierungen von Verkehrsträgern (Strasse, Schiene), heisst es in der Interpellation weiter.
Damit habe der Kanton Aargau jetzt in Sachen Nachhaltigkeit die einmalige Möglichkeit, die Vorreiterrolle bei Infrastruktur- und Strassenprojekten einzunehmen.
Diese Fragen wollen die Grossräte beantwortet haben
Den Regierungsrat bitten Giezendanner und Notter jetzt, folgende Fragen zu beantworten:
1. Sind dem Regierungsrat diese entscheidenden Entwicklungen bekannt? Wenn ja, inwieweit berücksichtigt das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (und die weiteren involvierten Departemente) bei Submissionen CO2-reduzierte Zemente und Betonprodukte?
2. Verfügt der Kanton bereits über eine Strategie, im Hoch- und Tiefbau CO2-Emissionen zu verringern oder zu vermeiden?
3. Wie hoch schätzt der Kanton das jährliche Einsparungspotenzial bei eigenen und kantonsnahen Bauprojekten, wenn konsequent Beton mit gespeichertem CO2 zur Anwendung gelangt?
4. Ist der Kanton bereit, Gemeinden und private Bauherrschaften zusammen mit den Organisationen der Bauwirtschaft in geeigneter Weise auf diese Neuerung und ihre Vorzüge aufmerksam zu machen?
5. Kann sich der Regierungsrat zukünftig in seinem Hoheitsgebiet vorstellen, Strassensanierungen an Hauptverkehrsrouten (bspw. Zubringerstrasse Aarau T5) unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit und Lebensdauer mit Beton- anstatt Asphaltprodukten vorzunehmen?
6. Teilt der Regierungsrat die Auffassung, dass das Submissionsdekret (SubD) mit den vorliegend neuen Erkenntnissen punkto Nachhaltigkeit in Sachen Gewichtung überarbeitet werden sollte?
Hinweis aus der Interpellation: