Gehts den Schottergärten jetzt auch im Aargau an den Kragen?
Im Grossen Rat verlangt eine von Vertretern aus sechs Parteien (nicht dabei ist die FDP) getragene Motion von der Regierung, das Baugesetz so anzupassen, "dass es in Zukunft nicht mehr gestattet ist, Schottergärten, die keinen ökologischen Nutzen haben, zu erstellen". Unterschrieben ist die Motion von Colette Basler, SP, Zeihen (Sprecherin und Vizepräsidentin Bauernverband Aargau), Thomas Baumann, Grüne, Suhr, Robert Alan Müller, SVP, Freienwil, Matthias Betsche, GLP, Möriken-Wildegg, Christian Minder, EVP, Lenzburg, Gabi Lauper Richner, SP, Niederlenz, Andy Steinacher, SVP, Schupfart, Andre Rotzetter, Mitte, Buchs, Martin Brügger, SP, Brugg, Claudia Rohrer, SP, Rheinfelden.
Vorbild für den Vorstoss dürfte das Verbot neuer Schottergärten im Nachbarkanton Solothurn sein. Versiegelte Flächen im Siedlungsgebiet tragen erheblich zur Erwärmung der Umgebungstemperatur bei, halten die Unterzeichnenden fest. Die nächtliche Hitzeabstrahlung von Steinen sei gross. Schottergärten "verhindern, dass sich überbaute Gebiete in der Nacht genügend abkühlen und so die Lebensqualität vor allem von Kindern und älteren Menschen mindern", heisst es dazu weiter.
Schottergärten: keine Insekten, Amphibien oder Reptilien
In Schottergärten findet sich kaum Leben. Weder Insekten noch Amphibien oder Reptilien finden einen Lebensraum. Fehlen ihnen doch sowohl Nahrungsgrundlagen als auch Rückzugsmöglichkeiten auf diesen Flächen. Um den Unterhalt zu minimieren, werden Steinschroppenflächen mit einem Vlies unterlegt. Dies vermindert die Wasserversickerungsfähigkeit. Bei starken Regengüssen wird das Kanalisationssystem dadurch zusätzlich belastet. Aufkommenden Verunkrautungen wird meist mit Herbiziden begegnet.
Das widerspreche der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV), die solche Hilfsmittel nur auf humusierten Böden zulässt, schreiben die Motionäre weiter. Unerwünschte chemische Verbindungen können so via Schottergärten ins Grundwasser oder in die Kanalisation gelangen, mit Beeinträchtigungen der biologischen Reinigungsstufe.
Im Hinblick auf die Erhaltung der Artenvielfalt müsse das Siedlungsgebiet einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten, heisst es weiter. Bis 2’500 einheimische, wildlebende Tier- und Pflanzenarten können auf Umgebungs-, Verkehrsrest- und Gartenflächen ein Auskommen finden. Schotterflächen tragen absolut nichts dazu bei und laufen einer raumplanerisch erfolgreichen Innenverdichtung zuwider, so die Motion.
Einschränkungen schon in diversen Gemeinden
Biodivers angelegte Grünflächen steigern demnach die Aufenthaltsqualität im Freien und in der Folge die Lebensqualität der Menschen. Diverse Gemeinden haben in ihren Bau- und Nutzungsordnungen bereits auf diese Problematik reagiert und das Anlegen von Schottergärten eingeschränkt.
Ein Schottergarten ist eine grossflächig mit Steinen bedeckte Gartenfläche, in welcher die Steine das hauptsächliche Gestaltungsmittel sind. Pflanzen kommen nicht oder nur in geringer Zahl vor, wenn, dann oft durch strengen Formschnitt künstlich gestaltet. Als Steinmaterial kommen häufig gebrochene Steine mit scharfen Kanten und ohne Rundungen zum Einsatz (Schotter); für den gleichen Stil können aber auch Geröll, Kies oder Splitt verwendet werden. Der Begriff dient der Abgrenzung von klassischen Stein- und Kiesgärten, bei denen die Vegetation im Vordergrund steht.
Kanton Solothurn als Vorreiter
Am 19. März 2024 hat der Kantonsrat des Kantons Solothurn das "Anlegen von Stein- und Schottergärten, die nicht als anrechenbare Grünfläche gelten" mittels eines neuen Paragrafen im Baugesetz untersagt. Die Motionärinnen und Motionäre sehen auch im Kanton Aargau dringenden Handlungsbedarf. Schottergärten tragen zu einer klimatischen Erwärmung unserer Siedlungen bei, führen zu vermeidbaren Umweltschäden und wirken sich gleichzeitig negativ auf die Biodiversität aus, führen sie weiter aus.
Mehr qualitativ hochwertige Grün- und Biodiversitätsflächen im Siedlungsraum seien dringend notwendig. Ein Verbot von Schottergärten sei "keine Einschränkung von persönlicher Freiheit, sondern eine Massnahme künftigen Generationen grösstmögliche Freiheiten zu ermöglichen, indem die Allgemeingüter Biodiversität, Wasser und Boden bestmöglich erhalten werden". Es gebe dazu hunderte anderer Arten, Grünflächen ästhetisch, biodivers hochwertig und unterhaltsarm zu gestalten.