So kämpft das kantonale Komitee für die Biodiversitätsinitiative
Am 22. September geht es an der Urne nebst der BVG-Reform um die Biodiversitätsinitiative. Im Aargau hat sich ein Pro-Komitee mit Mitgliedern von SP, Grünen über EVP, GLP und Mitte und etwa mit dem früheren Grossrat und früheren Jagd Aargau-Präsident Rainer Klöti bis hinein in die FDP gebildet. Vertreten im Komitee sind auch Bird Life Aargau sowie der Aargauische Fischereiverband.
Matthias Betsche: es bleiben noch viele Lücken
In Suhr stellte das Komitee seine Argumente vor. Der GLP-Grossrat und Geschäftsführer von Pro Natura Aargau, Matthias Betsche, verwies auf die breite Abstützung des Komitee (vgl. oben). Biodiversität sei keine Frage von links und rechts: "Es geht um unsere Lebensqualität. Jedes Tier, jede Art, die ausstirbt, ist ein Verlust für unsere Zukunft", auch etwa wenn es um die Entwicklung neuer Medikamente gehe. Den Handlungsbedarf hätten Bundesrat und Nationalrat eigentlich erkannt, und einen Gegenvorschlag vorgelegt, der vom Ständerat abgelehnt wurde. Gewiss seien schon viele wertvolle Massnahmen ergriffen worden, aber: "Es bleiben noch viele Lücken. Es braucht einen zusätzlichen Schritt."
Gabriela Suter: im Vergleich mit vielen anderen stehen wir schlecht da
In dieselbe Kerbe schlug SP-Nationalrätin Gabriela Suter. Die Schweiz sei bekannt für ihre einzigartigen Landschaften und schönen Seen, doch: "Wenn man genau hinschaut, stehen wir bei der Biodiversität im Vergleich mit vielen anderen schlecht da." Die Liste bedrohter Arten sei sehr lang. Zurückzuführen sei dies auch auf die Kleinräumigkeit der Landschaft und deren intensive Nutzung, da kämen viel Stickstoff und Pestizide hinein: "Der Handlungsbedarf ist dringend."
Beat Flach: Nichtstun kostet uns jährlich Milliarden
Einen historischen Tag erkennt GLP-Nationalrat Beat Flach im 18. August 2024. Da trat das Naturwiederherstellungsgesetz der EU in Kraft. Bis 2030 sei zu zeigen, wie die Räume wieder aufgewertet werden können, die verloren gegangen sind. Die Kosten des Nichthandelns betrügen ab 2050 jährlich 14 bis 16 Milliarden Franken. Diese Zahlen seien etwa von ihm, sondern aus einer vom Bundesrat in Auftrag gegebenen Untersuchung. Die Initiative verpflichte Bund und Kantone, unsere Lebensgrundlagen "jetzt endlich zu schützen".
Auf die Nachfrage, als Folge der Initiative befürchteten Gegner, dass die Produktion sinke und Lebensmittel importiert werden müssten, die weniger nachhaltig produziert sind als in der Schweiz, sagte Flach, man könne selbst am Strassenrand viel fördern, ohne die landwirtschaftliche Nutzfläche zu beeinträchtigen: "Wir werden nicht mehr Kartoffeln importieren müssen."
Christina Bachmann-Roth: nicht Schuld zuweisen, gemeinsam handeln
Christina Bachmann-Roth, Präsidentin Die Mitte Frauen Schweiz und CEO der Fromagerie Amstutz, bekräftigte, wir müssten jetzt handeln. Es gehe nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, gemeinsam zu handeln: "Das richtet sich nicht gegen die Landwirtschaft, es braucht uns alle, auch die Städterinnen und Städter. Die Landwirtschaft soll auch von ihrer Arbeit leben können." Die Initiative sei die letzte Massnahme, da alle anderen Vorschläge "abgeschmettert" worden seien.
Thomas Baumann: so geht Biodiversität im Siedlungsgebiet
Schliesslich wurde klar, warum das Komitee mitten in Suhr, direkt hinter dem Gemeindehaus, seine Argumente vorstellte, und nicht etwa auf einem Feld. Hier zeigte der grüne Grossrat und Suhrer Gemeinderat Thomas Baumann verschiedene, bereits ergriffene Massnahmen der Gemeinde im Kleinen, die offenkundig wirken. Auf der Wiese hinter dem Gemeindehaus habe er früher sechs Pflanzenarten gezählt, jetzt seien es dank Biodiversität 30: "Die Aufenthaltsqualität ist erhöht, und für die Gemeinde ist diese Wiese im Unterhalt auch noch günstiger."
Ein anderes Beispiel in Suhr ist die Veloparkieranlage des Schulhauses grad neben dem Gemeindehaus. Diese war früher geteert, jetzt gekiest. Das sei fürs Auge schön, und bringe Vielfalt, so Baumann. Noch ein Beispiel findet sich ebenfalls vor dem Schulhaus. Da befindet sich ein Rückhaltebecken. Früher war die Fläche davor geteert. Jetzt ist dies eine kühlende Biodiversitätsinsel (statt Hitzewirkung im Sommer durch Teer). So kann Regenwasser besser versickern, was die Kanalisation entlastet, und hier kann grad auch noch der Biologieunterricht stattfinden.
Über die Argumente des kantonalen Nein-Komitees wird hier berichtet, sobald es an die Öffentlichkeit tritt.