Regierung will Hauskatzen nicht registrieren lassen
In einer Motion berlangen Thomas Baumann, Grüne, Suhr (Sprecher), Edith Saner, Mitte, Birmenstorf, Karin Faes, FDP, Schöftland, Manuel Kaspar, SVP, Oberkulm, Claudia Rohrer, SP, Rheinfelden, Christian Minder, EVP, Lenzburg, Andre Rotzetter, Mitte, Buchs, Matthias Betsche, GLP, Möriken-Wildegg die Registrierung von Hauskatzen im Kanton Aargau.
Das lehnt die Kantonsregierung ab. In ihrer Antwort schreibt sie den Morionärinnen und Motionären: In der Vergangenheit gab es bereits zwei Vorstösse in den eidgenössischen Kammern betreffend eine Registrierungspflicht für Katzen:
• Mit (13.3698) Postulat Pierre Rusconi vom 12. September 2013 betreffend Mikrochip auch für Katzen hätte der Bundesrat beauftragt werden sollen, zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob ein Erlassentwurf zur Einführung eines obligatorischen Mikrochips für Katzen angezeigt wäre. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Postulats mit folgender Begründung: "Der Bundesrat hält die Einführung eines obligatorischen Mikrochips für Katzen zur Identifizierung der Katzen aus tierseuchenpolizeilichen Gründen nicht für notwendig." Am 25. September 2015 wurde das Postulat abgeschrieben, weil es nicht innert zwei Jahren abschliessend im Rat behandelt wurde.
• Der Nationalrat hat am 10. Dezember 2019 die (19.3959) Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats betreffend "Für eine bessere Kontrolle der Vermehrung von Streunerkatzen" zur Einführung der Pflicht einer elektronischen Identifizierung aller Katzen mit 97 zu 88 Stimmen abgelehnt.
Aus der Antwort des Bundesrats vom 13. November 2019 geht Folgendes hervor, zitiert der Regierungsrat: "Eine Verpflichtung aller Tierhalterinnen und Tierhalter zur Identifizierung und Registrierung ihrer Tiere wäre nicht nur übertrieben, sondern auch nicht wirklich wirksam, da sich damit eine übermässige Vermehrung der Katzen nicht verhindern liesse. Für Hunde wurde die Identifikations- und Registrierungspflicht infolge der Diskussionen über die gefährlichen Hunde eingeführt. Im Fall der Katzen besteht kein vergleichbares öffentliches Interesse an einer solchen Massnahme."
140 000 Katzen leben im Aargau, etliche sind herrenlos
Im Kanton Aargau gibt es schätzungsweise 140'000 Katzen. Ein nicht näher bezifferbarer Teil davon sei herrenlos und vermehre sich unkontrolliert, schreibt die Regierung weiter. Diese Katzen müssen sich ihr Futter selbst beschaffen und stellen damit eine Gefahr für einheimische Beutetiere dar.
Die Einführung einer Registrierungspflicht für Katzen und damit die Möglichkeit zur Zuordnung der Tiere zu einer Besitzerin oder einem Besitzer bilde die Grundlage, um verwaltungsrechtliche Massnahmen (zum Beispiel die Verpflichtung zur Kastration) anzuordnen. Im Umkehrschluss könnten so wilde, herrenlose Katzen von Tierschutzorganisationen leicht identifiziert, kastriert und dadurch dezimiert werden.
Weiter heisst es in der Antwort: "Eine Registrierungspflicht für Katzen würde somit dem Schutz ihrer Beutetiere und daneben demjenigen der Katzen selbst dienen, und sie ist daher primär als Tierschutzmassnahme anzusehen." Der Bund habe 2005 das Tierschutzgesetz erlassen. Die Bundeskompetenz seit umfassend, habe aber nachträglich derogatorische Wirkung.
Das bedeute, dass die Kantone im Bereich des Tierschutzes tätig werden dürfen, solange und soweit der Bund nicht tätig geworden ist. Das eidgenössische Tierschutzgesetz enthält keine Registrierungspflicht für Katzen und der Bundesgesetzgeber hat dies im Sinne einer Lücke bisher nicht geregelt.
Allerdings dürfen die Kantone nicht sämtliche Massnahmen treffen, auf die der Bund im Gesetz und den Ausführungsverordnungen verzichtet hat. Hat der Bund die Einführung eines bestimmten Mittels ausdrücklich abgelehnt, so ist es den Kantonen untersagt, anstelle des Bundes tätig zu werden (sogenanntes qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers).
Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats hat am 15. August 2019 mit der Einreichung der (19.3959) Motion die Bestrebung unternommen, den Bundesrat mit der Ausarbeitung von gesetzlichen Normen im Tierschutzrecht zur Regelung dieser Thematik zu beauftragen. Eine Kommission des Bundesgesetzgebers hatte daher bewusst den Anstoss zur gesetzlichen Regelung der Thematik im Bundesparlament gegeben.
Bundesrat und Nationalrat haben abgelehnt
Der Bundesrat und anschliessend der Nationalrat haben jedoch den gesetzgeberischen Handlungsbedarf anders beurteilt und die Motion abgelehnt. Aufgrund dieses Sachverhalts ist es dem Kanton Aargau nach Auffassung des Regierungsrats untersagt, gestützt auf das Tierschutzrecht eine Registrierungspflicht für Katzen einzuführen.
Die Einführung einer sich auf die Tierseuchengesetzgebung stützende kantonale Registrierungspflicht für Katzen sei ebenfalls nicht realisierbar. Der Bund habe mit der Tierseuchengesetzgebung Vorschriften über die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren erlassen. Er hat damit bei den übertragbaren Krankheiten seine Befugnis ausgeschöpft.
Mit Beantwortung des (13.3698) Postulats habe der Bundesrat weiter eine solche Massnahme aufgrund der fehlenden seuchenpolizeilichen Relevanz abgelehnt. An dieser seuchenpolizeilichen Einschätzung des Bundesrats habe sich bis zum heutigen Tag nichts geändert.
In der Katzenpopulation zirkuliert keine stark verbreitete oder bösartige Erkrankung
Nach wie vor zirkuliere in der Katzenpopulation keine stark verbreitete oder bösartige und damit zu bekämpfende Erkrankung. Auch kantonal gab es bereits einen entsprechenden Vorstoss. Am 10. März 2021 beantwortete der Regierungsrat die (20.338) Interpellation Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg, und Martin Brügger, SP, Brugg, vom 15. Dezember 2020 betreffend Hauskatzen dahingehend, dass er eine Einführung einer Chip- und Registrierungspflicht für Hauskatzen als Voraussetzung betrachtet, dass überhaupt wirkungsvolle Massnahme zur Dezimierung verwilderter und streunender Hauskatzen ergriffen werden können.
Regierung: Registrierungspflicht bringt nur national etwas
Eine solche Pflicht sei aber, wie die übrigen Registrierungspflichten für Haustiere, auf nationaler Ebene einzuführen. Der Regierungsrat vertritt weiterhin die Ansicht, dass die Einführung einer Registrierungspflicht nur dann eine gewünschte Wirkung erzeugt, wenn diese auf nationaler Ebene verordnet wird und in der Folge der Tierbestand an Hauskatzen deutlich sinkt.
Nur dies biete Gewähr, dass der durch umherstreifende Katzen verursachte Verlust an Wildtieren wie Blindschleichen, Eidechsen oder Vögeln nachhaltig verringert wird. Die Einführung einer Registrierungspflicht auf kantonaler Ebene sei somit weder rechtlich realisierbar noch effektiv und effizient.
Falls der Grosse Rat in dieser Sache doch legiferieren sollte, bestehe weiterhin die Gefahr, dass der Bund die Einführung einer Katzenregistrierungspflicht auf kantonaler Ebene als nicht rechtens taxieren würde, schreibt der Regierungsrat weiter.