Regierung hält nichts von Fussfesseln und Peilsendern für straffällige Asylsuchende
Im März 2024 hat FDP-Grossrat Adrian Schoop (Baden) ein Postulat "betreffend Wiederherstellung der Sicherheit durch Fussfesseln und Peilsender bei straffälligen Asylsuchenden" eingereicht.
Nun liegt die regierungsrätliche - ablehnende - Antwort vor. Der Postulant verlange, es sei zu prüfen, wie die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden müssen, damit strafffällige Asylsuchende verpflichtet werden können, bis zum Entscheid über ihr Asylgesuch beziehungsweise im Fall eines negativen Asylentscheids bis zum Zeitpunkt ihrer Ausreise aus der Schweiz einen Peilsender oder eine Fussfessel zu tragen.
Ebenfalls sei zu prüfen, welche Weisungen dazu erlassen werden müssen. Zudem habe der Regierungsrat aufzuzeigen, inwiefern eine solche Massnahme die Sicherheit im Kanton Aargau erhöhen könnte.
Rechtssetzungskompetenz des Bundes
Die Pflicht zum Tragen eines Peilsenders oder einer Fussfessel stellt aus Sicht des Regierungsrats einen schweren Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Personen dar, der zwingend einer formellen Rechtsgrundlage in einem Gesetz bedarf. Die vom Postulanten angeregte Pflicht soll ausschliesslich für Personen gelten, die sich im Asylverfahren befinden oder deren Asylgesuch abgelehnt worden ist.
Die Gesetzgebung im Ausländer- und Asylbereich stellt gemäss Art. 121 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft eine Kompetenz des Bundes dar. Von dieser Kompetenz hat der Bund insbesondere durch den Erlass des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) sowie des Asylgesetzes (AsylG) Gebrauch gemacht, schreibt der Regierungsrat dazu.
Soweit der Postulant geltend machte, die von ihm angedachte Überwachung habe präventiven Charakter, ändere dies nichts daran, dass auch entsprechende Bestimmungen einzig vom Bund erlassen werden dürfen, sofern sich die Massnahmen ausschliesslich gegen Ausländerinnen und Ausländer beziehungsweise einzig gegen Asylsuchende richten.
So habe der Bundesgesetzgeber bestimmt, dass die zuständige kantonale Behörde einer Person die Auflage machen kann, ein ihr zugewiesenes Gebiet nicht zu verlassen oder ein bestimmtes Gebiet nicht zu betreten, wenn sie über keine Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung verfügt und sie die öffentliche Sicherheit stört oder gefährdet. Es handele sich auch bei der Ein- und Ausgrenzung gemäss um eine präventive Massnahme.
Besondere Zentren für die, die öffentliche Sicherheit erheblich gefährden
Zudem habe der Bundesgesetzgeber in Art. 24a Asylgesetz statuiert, dass Asylsuchende, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gefährden oder welche den Betrieb und die Sicherheit der Zentren des Bundes durch ihr Verhalten erheblich stören, in besonderen Zentren untergebracht werden, die durch das Staatssekretariat für Migration (SEM) oder durch kantonale Behörden errichtet und geführt werden.
Mit der Unterbringung in einem besonderen Zentrum sei zwingend eine Ein- oder Ausgrenzung anzuordnen. Im kantonalen Recht dürfen aufgrund der dargelegten Rechtssetzungskompetenz des Bundes auch keine rein präventiven Massnahmen statuiert werden, welche sich ausschliesslich gegen Ausländerinnen oder Ausländer oder ausschliesslich gegen Asylsuchende richten. Schon aus diesem Grund lehnt der Regierungsrat das Postulat ab.
Wie sähe es mit Umsetzung und Wirksamkeit aus?
Im Weiteren sieht der Regierungsrat diverse Probleme bei der Umsetzung des Postulats und bezweifelt zudem die Wirksamkeit solcher Überwachungen. Der Postulant verlangt, dass straffällige Asylsuchende beim Verlassen ihrer Asylunterkunft einen Peilsender oder eine Fussfessel tragen müssen. Dies bedingt die Anschaffung solcher Geräte und allenfalls weiterer Infrastruktur, verbunden mit dem entsprechenden Aufwand für Installation und Unterhalt der Geräte sowie insbesondere für die Überwachung selbst beziehungsweise für die nachträgliche Auswertung der Überwachungen. Es müsse zudem damit gerechnet werden, dass die Fussfesseln und Peilsender regelmässig beschädigt oder manipuliert werden dürften, um damit die Überwachung zu umgehen.
Vielfach bedürfte es zudem des Beizugs der Polizei, um entsprechende Geräte zu installieren und um zu gewährleisten, dass die straffälligen Asylsuchenden die Geräte beim Verlassen der Asylunterkunft mit sich führen. Der dafür anfallende personelle und finanzielle Mehraufwand für den Kanton dürfte beträchtlich sein. Der Regierungsrat weist weiter darauf hin, dass das Tragen einer Fussfessel oder eines Peilsenders keine Straftaten verhindern kann.
Selbst wenn sich bei der nachträglichen Auswertung zeigen würde, dass sich eine Asylsuchende oder ein Asylsuchender in der Nähe eines Deliktorts befunden hat, würde dies im Strafverfahren keinen Beweis darstellen, sondern wäre lediglich ein Indiz für die Täterschaft dieser Person. Eine Verurteilung einzig aufgrund eines solchen Indizes dürfte in der Regel nicht möglich sein. Die Wirksamkeit einer solchen Überwachung in Form der vom Postulanten angestrebten Verbesserung der Sicherheit dürfte entsprechend beschränkt sein, argumentiert die Regierung weiter, "und in keinem vertretbaren Verhältnis zum dafür erforderlichen finanziellen und personellen Aufwand des Kantons stehen".
Mehr Delikte von Asylsuchenden aus anderen Kantonen als aus dem Aargau
Zu beachten sei in diesem Zusammenhang auch, dass die Mehrheit der im Kanton Aargau festgestellten Delikte nicht von Asylsuchenden begangen werden, die im Kanton Aargau untergebracht sind. Weitaus häufiger seien Delikte von Asylsuchenden, die in anderen Kantonen untergebracht sind.
Fazit des Regierungsrats Der Regierungsrat beantragt die Ablehnung des Postulats aufgrund der fehlenden kantonalen Rechtsetzungskompetenz in diesem Themenbereich.