Nachhaltige Entwicklung: Ist der Aargau auf Kurs?

Nachhaltige Entwicklung: Ist der Aargau auf Kurs?
Wie nachhaltig ist der Aargau unterwegs? Im Bild das Bahnhofsareal von Lenzburg. Foto: Michael Küng

Nachhaltige Entwicklung ist ein wichtiger Handlungsgrundsatz für den Kanton Aargau. Doch in welchen Bereichen ist unser Kanton auf Nachhaltigkeitskurs? Und wo besteht noch Handlungsbedarf? Antworten liefert der sechste Fachbericht "Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau" mit Fokus auf der Entwicklung der letzten vier Jahre in den Nachhaltigkeitsdimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Als Referenzrahmen zur Beschreibung der nachhaltigen Entwicklung im Aargau wurde wiederum die Agenda 2030 der UNO mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen beigezogen. Erstmals wird im Bericht die Evaluation der Umsetzung der kantonalen Klimastrategie integriert. Dies teilt der Kommunikationsdienst des Regierungsrats mit.

Bereits der sechste bericht

Der Bericht "Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau" zeigt bereits zum sechsten Mal, ob der Kanton Aargau auf Nachhaltigkeitskurs ist. Im Fokus stehen die wichtigsten Entwicklungen für den Zeitraum 2020–2024. Dazu werden die Nachhaltigkeitsdimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt mit 32 Themenbereichen konkretisiert und deren Entwicklung mit Indikatoren gemessen.

Dieses Vorgehen entspreche demjenigen der fünf vorangegangenen Berichte zur nachhaltigen Entwicklung im Kanton Aargau, heisst es in der Mitteilung. Zusätzlich wird – wie im fünften Bericht erstmals umgesetzt – die Agenda 2030 der UNO mit ihren 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) als Referenzrahmen beigezogen. Dabei wird der Stand der SDGs im Kanton Aargau basierend auf Fakten aus den Themenbereichen beschrieben.

Neu wird im Bericht der Stand der Umsetzung der Klimastrategie beurteilt. Das Kernstück bildet das umfassende Monitoring der Klimastrategie, welches im vierjährlichen Rhythmus stattfindet und den Fortschritt in den Handlungsfeldern der kantonalen Klimastrategie und die Wirkung der umgesetzten Massnahmen zum Klima (Klimaschutz und Klimaanpassung) einschätzen soll.

"Überdurchschnittlich attraktive Standortqualitäten für Unternehmen"

Die Volkswirtschaft, gemessen am kantonalen Pro-Kopf-Bruttoinlandprodukt (BIP), und das Ressourcenpotenzial, gemessen am wirtschaftlichen Potenzial der Steuerpflichtigen, entwickeln sich im Kanton unter dem schweizerischen Durchschnitt. Dennoch sind die Standortqualitäten für Unternehmen im nationalen Vergleich überdurchschnittlich attraktiv.

Verfügbarkeit von Fachkräften bleibt für Aargauer Unternehmen ein Schlüsselfaktor

Das gelet auch für die Wohnqualität, heisst es weiter: Der Aargau ist ein Wohn- und Pendlerkanton mit anhaltend hohem Bevölkerungswachstum. Die erwerbsfähige Bevölkerung wächst im Kanton Aargau stärker als in anderen Kantonen. Der Pendlerkanton Aargau kann das Potenzial der ansässigen Bevölkerung als Erwerbskraft jedoch nicht ausschöpfen und die Verfügbarkeit von Fachkräften bleibt für Aargauer Unternehmen ein Schlüsselfaktor. So zeigt es sich, dass das Potenzial der Frauen als Fachkräfte besser ausgeschöpft werden könnte.

Ein nachhaltiges Wirtschaftssystem ist nicht nur leistungsfähig, sondern integriert auch die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Punktuell lässt sich eine positive Entwicklung erkennen: Im Aargau werden immer mehr Recyclingbaustoffe verwendet. Allerdings steigt der Rohstoffverbrauch in der ganzen Schweiz weiter an und der Weg zur Kreislaufwirtschaft ist noch weit. Um ein ressourcenschonendes Handeln zu etablieren, bedarf es des Engagements der Wirtschaft und der Gesellschaft.

Klimaschutz: anspruchsvolle Ziele und ein ambitionierter Emissionsreduktionspfad

Der Regierungsrat verabschiedete 2021 eine Klimastrategie mit Zielen und Handlungsfeldern für den Klimaschutz und die Klimaanpassung. Das Monitoring zeigt die bisherige Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen: In den letzten 30 Jahren sanken sie um etwa 20 Prozent, insbesondere in den Bereichen "Gebäude" sowie "Wirtschaft und Industrie". Zahlreiche effizienzsteigernde Massnahmen bewirkten eine Abnahme des Endenergieverbrauchs.

Dennoch zeige sich, heisst es in der Mitteilung dass das Erreichen des Ziels "Netto-Null-Emissionen bis 2050" für den Kanton Aargau eine grosse Herausforderung bleibt. Trotz des aktuellen Emissionsrückgangs sind erhebliche Lücken zum ambitionierten Reduktionspfad absehbar. Um die anspruchsvollen Klimaschutz-Ziele zu erreichen, braucht es deshalb weitere Anstrengungen, insbesondere für eine Dekarbonisierung des Verkehrs und für den vollständigen Umstieg auf erneuerbare Heizenergie.

Im Kanton Aargau sind die Auswirkungen des Klimawandels verstärkt spürbar und werden in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Der Kanton setzt sich deshalb aktiv für eine Anpassung an den Klimawandel ein, einerseits um Risiken zu vermindern und andererseits, um neu entstandene Chancen zu nutzen.

Feuchtlebensräume und Naturschutzflächen im Wald entwickeln sich positiv, die Wasserqualität ist unter Druck

Die Mittellandregion wird landwirtschaftlich intensiv genutzt und ist durch grosse Siedlungsflächen sowie ein dichtes, weiter wachsendes Verkehrsnetz belegt. In diesem Umfeld geschützte Lebensräume zu erhalten, neue Räume freizuhalten und diese untereinander zu vernetzen, wird zur besonderen Herausforderung. Vor allem spezialisierte und seltene Arten, die besondere Ansprüche an ihren Lebensraum stellen, stossen auf erschwerte Bedingungen.

Empfindliche Naturräume werden insbesondere durch Stickstoffeinträge beeinträchtigt. Grundsätzlich besteht Nachholbedarf im Aufbau einer hochwertigen ökologischen Infrastruktur. Positiv zu werten ist die laufende quanitative und qualitative Aufwertung von Feuchtlebensräumen mithilfe des Auenschutzparks und der Renaturierung von Fliessgewässern. Zudem entwickeln sich die bewaldeten Gebiete erfreulich: Die Naturschutzflächen im Wald nehmen zu, was der Artenvielfalt förderlich ist.

Die Wasserqualität im Grund- und Oberflächenwasser konnte in den letzten Jahren kaum verbessert werden. Grund dafür sind Einträge von Fremdstoffen aus Landwirtschaft, Siedlung, Industrie und Verkehr. Zur Gewässerbelastung tragen unter anderem Nitrat, Pflanzenschutzmittel, Medikamentenrückstände, Mikroplastik aus dem Pneuabrieb und langlebige per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) bei.

Trockenperioden und Ereignisse mit Starkniederschlag gehören unter anderem zu den bereits spürbaren Folgen des Klimawandels. Ein integrales, vorausschauendes Wassermanagement stimmt diese Entwicklung mit den vielfältigen Nutzungsinteressen an der beschränkten Ressource Wasser ab. Mit der aktuell laufenden Erarbeitung einer ganzheitlichen Wasserstrategie ist der Kanton Aargau pionierhaft unterwegs.

Bildung für alle, gute Voraussetzungen

Bildung ist die zentrale Ressource für die nachhaltige Entwicklung und deshalb ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Dem Kanton bieten sich gute Voraussetzungen: Aargauerinnen und Aargauer verfügen im Allgemeinen über eine gute Bildung. Den allermeisten Schulabgängerinnen und Schulabgängern gelingt der direkte Übertritt nach der obligatorischen Schulzeit in eine berufliche Grundbildung oder Mittelschule (Sekundarstufe II).

Ein Bildungsabschluss auf Sekundarstufe II ist Voraussetzung für einen erfolgreichen Eintritt in den Arbeitsmarkt. Die vom Bund und den Kantonen festgelegte bildungspolitische Zielquote, welche definiert, wie viele Erwachsene die Sekundarstufe II erfolgreich abschliessen sollten, ist noch nicht erreicht. Bei diesem Abschluss unterschieden sich zudem die Quoten zwischen schweizer und ausländischen Staatsangehörigen.

Tiefe Sozialhilfequote, grundsätzlich gesunde Aargauerinnen und Aargauer

Die für den Aargau erfasste Sozialhilfequote liegt unter 2 Prozent und damit auf einem tie¬fen Niveau. Es ist jedoch anzunehmen, dass ein Teil der armutsbetroffenen Personen auf ihren Anspruch an finanzieller Unterstützung verzichtet. Auf Sozialhilfe angewiesen sind immer mehr Familien. Kinder und Jugendliche stellen – mit steigender Tendenz – die mit Abstand grösste Gruppe der Bezügerinnen und Bezüger dar. Bei dieser Altersgruppe erhöht sich das Risiko, im Erwachsenenleben selbst mit Arbeitslosigkeit und Armut konfrontiert zu sein.

Die Lebenserwartung der Schweizer Bevölkerung gehört zu den höchsten weltweit. Zudem darf der Gesundheit der Aargauer Bevölkerung grundsätzlich ein hohes Niveau attestiert werden. Dennoch sind ernährungsbedingte Krankheiten (Diabetes, Adipositas) für jede Altersgruppe relevant. Kinder und Jugendliche sind vulnerable Altersgruppen; sie haben seit der Covid-19-Pandemie zunehmend mit psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen zu kämpfen.

Gut aufgestellt dank stabilem Staatshaushalt"

Der Kanton Aargau ist dank seinem stabilen Staatshaushalt gut aufgestellt. Die vorteilhafte Positionierung der öffentlichen Hand wird durch starke und glaubwürdige Institutionen unterstützt, die transparent handeln. Zudem arbeitet die Verwaltung im Vergleich zur restlichen Schweiz überdurchschnittlich effizient. Die unstabilen geopolitischen Verhältnisse führen allerdings zu grossen Unsicherheiten in den Prognosen und erschweren die Budgetierung.

Der Kanton Aargau setzt auf eine partnerschaftliche Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung. Dazu arbeitet er mit allen drei Staatsebenen und dem grenznahen Ausland zusammen. Insgesamt profitiert der Kanton Aargau von einer soliden und breit aufgestellten Grundlage, um weiterhin einen bedeutsamen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Der Kanton nimmt eine Vorbildfunktion wahr. Sein umfassendes Engagement für die nachhaltige Entwicklung schafft die Voraussetzungen für eine hohe Lebensqualität von allen Aargauerinnen und Aargauern.

Der vollständige sechste Bericht "Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau" ist auf der Webseite des Kantons zu finden: www.ag.ch/nhb.