Grosser Rat Aargau: Klares Ja zu Forderung der FDP nach Steuerrückvergütung - Regierung muss jetzt Grundlagen dafür ausarbeiten

Grosser Rat Aargau: Klares Ja zu Forderung der FDP nach Steuerrückvergütung - Regierung muss jetzt Grundlagen dafür ausarbeiten
Klares Ergebnis zum Postulat im Grossen Rat. Screenshot: MKU

Die SP bekämpft laut Sprecherin Carol Demarmels entschieden die Überweisung eines FDP-Postulats, mit dem diese Fraktion aufgrund des erfreulichen Zustands des Kantonshaushalts eine Steuerrückvergütung fordert. Sie fragt zudem, was eigentlich im Fall eines negativen Rechnungsergebnisses passieren würde? Ginge das dann beispielsweise auf Kosten der Krankenkassen-Prämienverbilligungen? Sollte das Postulat trotzdem überwiesen werden, fordert Demarmels wenigstens eine Auslegeordnung für Varianten der Rückvergütung.

Grüne: Mittelfristig sind Defizite zu erwarten

Klar derselben Meinung wie die SP sind die Grünen. Für sie spricht Robert Obrist. Der Inhalt der Bilanzausgleichsreserve (derzeit knapp 1 Milliarde Franken) basiere nicht auf zu vielen Steuereinnahmen, sondern gerade auf Überschüssen der SNB und auf nicht getätigten nachhaltigen Investitionen in die Zukunft des Kantons. Mittelfristig seien auch Defizite geplant. Ihm erschliesse sich nicht, wie da Steuerrabatte möglich sein sollen, so Obrist.

FDP: Überproportionale Belastung der Steuerzahlenden

1,5 Milliarden Franken Überschüsse erzielte der Aargau insgesamt 2017 bis 2023, sagt jetzt FDP-Fraktionspräsident Silvan Hilfiker. Wenn der Staat so viel einnehme, bedeute dies eine überproportionale Belastung der Steuerzahlenden. Er verlangt, dass die Regierung aufzeigt, wie so eine Rückvergütung aussehen könnte.

GLP: ja zu Grundlagen für Steuerrückvergütung

Klar Unterstützung gibt es von den Grünliberalen. Wenn der Staat zu viel einnehme, belaste er die Steuerzahlenden zu früh. Eine Steuersenkung, welche die FDP ebenfalls verlangt, weist die GLP jedoch zurück, sagt ihr Sprecher Matthias Betsche weiter. Dafür seien die Perspektiven zu unklar, etwa wenn es künftig keine SNB-Ausschüttungen mehr gäbe oder weniger Geld von der AKB und weiteres mehr.

Die Mitte stehe für eine stabile und nachhaltige Finanzpolitik, sagt jetzt der Sprecher der Mitte, Ralf Bucher. Er freut sich über die hohe Ausgleichsreserve. Die Mitte habe sogar schon früher einen Steuerrabatt gefordert, der wurde damals abgelehnt. Die Mitte unterstütze diese Idee weiterhin - jetzt halt mit einem anderen Absender - einstimmig. Doch auch die Mitte stellt sich gegen eine Steuersenkung (die FDP will den Kantonsteuerfuss mindestens um 3 Prozent senken).

Auch SVP für Steuerrabatt

Andy Steinacher schlägt namens der SVP in dieselbe Kerbe wie Hilfiker und Bucher. Das zu viel bezahlte Geld fehle den Familien, dem Mittelstand, den Firmen. Von einer Rückvergütung würden alle gerecht profitieren, "nämlich diejenigen, die Steuern zahlen".

Zurzeit lässt sich sagen: Wenn SVP, FDP, Mitte und GLP das Postulat unterstützen, ist die Überweisung gegen den Widerstand von links klar absehbar.

EVP: SNB-Überschüsse an Bürgerinnen und Bürger weiterleiten?

Man habe viel Geld angehäuft, sagt jetzt der Sprecher der EVP-Fraktion, Roland Frauchiger. Es seien aber einige Hausaufgaben noch nicht gemacht, das brauche Geld. Man könnte doch auch einfach die halben SNB-Überschüsse des Kantons an die Bürger/innen weiterleiten, schlägt er als mögliche Lösung vor. Die EVP lehne das Postulat nicht ab und sei gespannt was dabei herauskommt.

Das sagt Markus Dieth

Eine solche Vorlage würde eine Gesetzesänderung bedingen, sagt jetzt Finanzdirektor Markus Dieth. Die Regierung wäre bereit dazu. Sie würde rasch arbeiten. Da könne man dann auch über die verschiedenen Ideen diskutieren. Das Postulat renne bei der Regierung offene Türen ein. Dank der gut gefüllten Ausgleichsreserve habe man einen finanziellen Spielraum, so Dieth. Ein Steuerrabatt könne jährlich einmalig ausgerichtet werden, aus einem bereits erwirtschafteten Überschuss. Das sei etwas anderes als eine Steuersenkung. Eine Steuerfusssenkung wäre hingegen finanzpolitisch verfrüht, so Dieth weiter. Diese lehnt die Regierung ab.

In der folgenden Abstimmung überweist der Rat das Postulat klar mit 94 : 33 Stimmen. Dagegen stimmten SP und Grüne.

Dies ist der überwiesene Vorstoss der FDP

"Der Regierungsrat wird aufgefordert, in einem Bericht zu erläutern, wie Überschüsse des Kantons Aargau an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zurückgeführt werden könnten.

Begründung: Der Regierungsrat lag in der Jahresrechnung 2023 um 400 Millionen Franken daneben. Statt einem Negativsaldo von rund 300 Millionen Franken resultierte ein Plus von fast 120 Millionen Franken. Mit Blick auf die Periode 2017 bis 2023 hat der Kanton Aargau kumuliert sogar über 1'500 Millionen Franken Überschüsse erzielt und mittlerweile liegen in der kantonalen Ausgleichsreserve fast 1'000 Millionen Franken.

Diese Budgetungenauigkeit ist auf die Dauer nicht mehr tolerierbar, denn bei stetigen Überschüssen erhalten die Steuerzahlerinnen keine staatlichen Leistungen im Gegenwert ihrer Steuerausgaben. Oder anders: Wenn der Staat zu viel einnimmt, bedeutet dies eine übermässige Belastung der heutigen Steuerzahler. Mit der im März in erster Beratung beschlossenen Steuergesetzrevision hat das Parlament den Grundstein gelegt, die Steuereinnahmen zu senken und so potenzielle Überschüsse zu reduzieren.

Zusätzlich hat die FDP-Fraktion bereits angekündigt, in der Beratung des AFP im Herbst eine Senkung des Kantonssteuerfusses von mindestens 3 Prozentpunkten zu fordern.

Der Kanton kann weiterhin nach dem Vorsichtsprinzip planen, Überschussexzesse wären aber nicht mehr vorbehaltslos möglich. Es wäre zudem eine einfache, schnelle und flexible Möglichkeit, die Steuerzahlerinnen und Leistungserbringer an einer positiven finanziellen Entwicklung des Kantons teilhaben zu lassen. Von Steuerrückvergütungen (bzw. Steuergutschriften) profitieren nämlich alle, direkt und wirksam. Der Regierungsrat soll in einem Bericht darlegen, wie ein solches System aussehen könnte.

Wir fordern explizit keinen Bericht, der aufzeigt, dass es nicht möglich ist. Der Regierungsrat soll aufzeigen, mit welchen Parametern ein solches System eingeführt werden könnte.

So antwortete die Regierung schon im August

In ihrer Antwort auf das Postulat hatte die Regierung unter anderem folgendes geschrieben:
"Die mit dem Postulat verlangte Prüfung, wie Überschüsse des Kantons Aargau an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zurückgeführt werden könnten, ist bereits im Gang. Die Einführung einer entsprechenden neuen Regelung erfordert eine Gesetzesänderung, voraussichtlich eine Änderung des Steuergesetzes (StG), weshalb ein ordentlicher Gesetzgebungsprozess mit vorgängiger Anhörung durchzuführen ist.

Die Botschaft an den Grossen Rat würde – im Sinne des Postulats – detaillierte Erläuterungen zu den Rahmenbedingungen, zu den rechtlichen Implikationen sowie zu Fragen der Umsetzung einer Steuerrückvergütung enthalten. Entsprechend ist der Regierungsrat bereit, das Postulat entgegenzunehmen.

Es ist vorgesehen, die Anhörung bereits dieses Jahr (Q4 2024) einzuleiten. Vorgesehene Art der Umsetzung und geltende Frist Die Umsetzung des vorliegenden Vorstosses würde die Vorlage einer Gesetzesänderung bedingen. Dafür würde eine dreijährige Frist gelten, innert welcher dem Grossen Rat die Botschaft zur 1. Beratung zu unterbreiten ist."

Markus Dieth: "Alles daran setzen, Ihnen die weiteren Schritte so rasch als möglich zu unterbreiten"

Ob die Anhörung mit Blick auf das heutige Datum tatsächlich so schnell erfolgen kann? Die obige regierungsrätliche Antwort stammt vom August 2024. Finanzdirektor Markus Dieth erwähnte in der heutigen Debatte kein Datum. Er sagte aber, bei einer Überweisung "würde der Regierungsrat alles daran setzen, Ihnen die weiteren Schritte so rasch als möglich zu unterbreiten".