Gefährdete Daten nach erfolgter Siegelung sichern - Riner verlangt Gesetzesgrundlage
Nationalrat Christoph Riner (SVP/AG) will den Bundesrat mit einer am 29. Mai 2024 eingereichten Motion beauftragen, in der Strafprozessordnung die gesetzliche Grundlage für die Sicherung gefährdeter Daten nach erfolgter Siegelung zu schaffen.
Er begründet dies so: In Strafverfahren werden regelmässig grössere Datenmengen sichergestellt, indem ein Datenträger mit lokal gespeicherten Daten (z.B. Mobiltelefon, Tablet oder Notebook) beschlagnahmt wird oder die Daten direkt gesichert werden (z.B. ab einem Server, aus einer Cloud oder ab einem Webmail-Konto). Verlangt die beschuldigte Person die Siegelung der Geräte oder Daten, stelle sich die Frage, so Riner, "ob die Strafverfolgungsbehörden die Daten noch vorläufig sichern dürfen (z.B. in Form einer Spiegelung), bevor das Zwangsmassnahmengericht über die Entsiegelung entschieden hat. Die Strafverfolgung kann nämlich vereitelt werden, wenn gefährdete (flüchtige) Daten nicht vorläufig gesichert werden".
Ein Datenverlust drohe, weil z.B. Chat-Dienste optional die Einstellungsmöglichkeit kennen, wonach Chatnachrichten nach einer vordefinierten Zeitdauer gelöscht werden. Ohnehin werden Standortdaten in der Regel bereits nach wenigen Tagen überschrieben und Zugangsdaten zu Online-Konten werden nur befristet lokal gespeichert. Bis nun über die Entsiegelung entschieden sei, könnten schliesslich mangels behördlichem Zugriff auf das Applikationspasswort Daten auch via Fernzugriff gelöscht werden, schreibt Riner weiter. Diese Ausgangslage sei für Strafverfolgungsbehörden problematisch.
Das Bundesgericht entschied vor kurzem einen Fall, der sich just um diese Frage drehte (BGE 148 IV 221). Es prüfte aber nur, ob das Vorgehen im konkreten Fall bundesrechtskonform war. Das Bundesgericht verneinte die Frage, weil Polizei und Staatsanwaltschaft nach erfolgter Siegelung nie Handlungen mit oder an gesiegelten Daten vornehmen können. Gefährdete Daten seien allenfalls unter Einbezug des Zwangsmassnahmengerichts zu sichern. Dieser Bundesgerichtsentscheid ist aber keine genügende gesetzliche Grundlage, wie in solchen Fällen rechtsstaatlich überzeugend vorzugehen ist.
Leider bestehe bei ungenügender Rechtslage die Gefahr, dass Untersuchungen, die auf vorläufigen Datensicherungen beruhen, später von einem Sachgericht als unverwertbar qualifiziert werden. Ein solches prozessuales Risiko sollte nicht hingenommen werden, gerade bei grossen, komplexen und grenzüberschreitenden Fällen, so Riner.