Disziplinarverfahren gegen den Leitenden Oberstaatsanwalt eröffnet
Im Zusammenhang mit dem unentschuldigten Fernbleiben an einer Obergerichtsverhandlung im Juni 2023 hat der Regierungsrat die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Leitenden Oberstaatsanwalt beschlossen. Gegen die weiteren involvierten Personen, namentlich eine Staatsanwältin sowie die Leitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau, sieht der Regierungsrat gemäss heutigen Erkenntnissen keine Grundlage zur Prüfung personalrechtlicher Massnahmen. Dies heisst es in einer Mitteilung der Staatskanzlei.
Zwei Beschwerden vor Bundesgericht gegen Obergerichtsentscheid
Im vergangenen Jahr blieb die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau einer Verhandlung vor dem Obergericht fern. Das Obergericht hat in diesem Zusammenhang eine Ordnungsbusse gegen eine Staatsanwältin ausgesprochen sowie die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft als durch Rückzug erledigt abgeschrieben. Dies führte laut Mitteilung zu zwei Beschwerden vor Bundesgericht gegen den Obergerichtsentscheid: einerseits zur gegen die Staatsanwältin verhängten Busse, andererseits gegen die Abschreibung der Anschlussberufung.
Das Bundesgericht hat mit Urteil vom 25. April 2024 (Eingang 16. Mai 2024) den Entscheid des Obergerichts betreffend Ordnungsbusse von 1'000 Franken als bundesrechtswidrig aufgehoben. Die betroffene Staatsanwältin wird zulasten des Kantons mit 3'000 Franken entschädigt. Die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft betreffend Rückzug der Anschlussberufung infolge unentschuldigten Nichterscheinens an der Berufungsverhandlung wurde abgewiesen, heisst es dazu in der Mitteilung weiter.
Der Regierungsrat hat in der Beantwortung der (23.217) Interpellation von Désirée Stutz vom 27. Juni 2023 festgehalten, dass er nach Vorliegen des Entscheids des Bundesgerichts eine personalrechtliche Würdigung vornehmen und – falls ein Fehlverhalten festgestellt würde – es gegebenenfalls zur Anordnung entsprechender Massnahmen kommen werde.
Disziplinarverfahren aufgrund von Bundesgerichtsurteil
Der Regierungsrat hat nun aufgrund des Bundesgerichtsurteils die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Leitenden Oberstaatsanwalt beschlossen. Dabei ist zu prüfen, ob ein pflicht- oder vorschriftswidriges Verhalten vorliegt und entsprechend eine Disziplinarmassnahme ausgesprochen werden soll. Das Verfahren dient auch dazu, der betroffenen Person Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils könne festgehalten werden, heisst es weiter, "dass gegenüber der Staatsanwältin keine Grundlage für eine personalrechtliche Massnahme besteht. Die Verpflichtung zur Anwesenheit besteht für die Behörde, aber nicht für die einzelne Staatsanwältin. Die Vorgesetzten wurden von ihr korrekt informiert".
Die Leitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau war abwesend, heisst es weiter, aber über die Vorgänge informiert. Da der Leitende Oberstaatsanwalt direkt in die Angelegenheit involviert war und gegenüber dem Obergericht auch schriftlich in Kontakt trat, war gemäss Mitteilung der Staatskanzlei die Leitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau nicht mehr direkt zuständig. Deshalb erübrige sich aufgrund der bisherigen Erkenntnisse auch die weitere Prüfung von personalrechtlichen Massnahmen gegen die Leitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau.