Braucht es an Bahnhöfen Aarau, Baden und Brugg Security-Points?

Heute ist die letzte Sitzung des Grossen Rats vor den Sommerferien. Nebst zahlreichen anderen Geschäften ist eine Motion von Tonja Burri, SVP, Hausen (Sprecherin) und von Nicole Heggli-Boder, SVP, Buttwil, traktandiert.

Die beiden wollen den Regierungsrat beauftrage, in Zusammenarbeit mit der SBB "Security-Points" an den bekannten Hotspot-Bahnhöfen Aarau, Baden und Brugg zu betreiben, welche vor allem in den Abend- und Nachtstunden zum Einsatz kommen. Zusätzlich soll er ein dazugehöriges Konzept entwickeln. Die Inbetriebnahme soll vorerst als temporäres Pilotprojekt in Angriff genommen werden, mit Mindestdauer von drei Jahren.

Die Motionärinnen begründen dies so: Die Bevölkerung, vor allem Frauen, ältere Menschen und auch Männer fühlten sich im Kanton Aargau nicht mehr sicher, schreiben die beiden. Besonders die Bahnhöfe Aarau und Brugg erlangten unschöne Berühmtheit. Jugendliche, die bewusst andernorts eine Lehrstelle suchen, damit sie nicht über die entsprechenden Bahnhöfe müssen, ältere Menschen, die sich einschränken und Frauen, die nicht mehr ohne Begleitung die Hotspots passieren, das sei traurige Realität.

Vermehrte mobile Polizeipatrouillen stärken zwar das Sicherheitsgefühl, sind aber aufgrund der Ressourcen nur beschränkt möglich. Eine spezielle Zone zu haben, die man aufsuchen kann, wenn einem nicht mehr wohl ist, ist etwas, das der Kanton Aargau bislang noch nicht kennt. Security-Points würden dieses Problem lösen und werden bereits heute eingesetzt, glauben die Motionärinnen (z. B. an Open-Airs).

Besonders in den Abend- und Nachtstunden

Flexibel einsetzbar und ohne grossen Aufwand zu betreiben, können sie das Sicherheitsgefühl stärken, schreiben sie weiter. Die Points sollen besonders Uhrzeiten abdecken, an denen nicht mehr so viel Betrieb ist, besonders aber in den Abend- und Nachtstunden. Umgesetzt werden könnte es wie folgt: Auf Knopfdruck wird eine Videokamera aktiviert, während man automatisch mit der Notrufzentrale der Kantonspolizei verbunden wird. Damit Missbrauch vorgebeugt werden kann, soll bei Zuwiderhandlung eine Busse ausgesprochen werden können.

Die Sicherheitslage verändere sich stetig, daher sei ein temporäres Pilotprojekt das richtige Mittel, um anschliessend mittels Analyse feststellen zu können, ob das Unterfangen Ziel und Zweck erfüllt oder eben nicht, finden Burri und Heggli-Boder.

Darum lehnt die Regierung den Vorstoss ab

Die Antwort der Regierung ist bereits bekannt. Sie lehnt die Motion ab: Die von den Motionärinnen vorgeschlagenen Security-Points seien vergleichbar mit den Notrufsäulen, die im Kanton Solothurn vor rund 20 Jahren eingerichtet worden sind. Diese werden von der Polizei Kanton Solothurn an den Bahnhöfen Olten und Solothurn, bei Polizeiposten und vereinzelt in Gemeinden eingesetzt.

Durch Betätigung des Alarmknopfs einer Notrufsäule geht ein Notruf bei der Alarmzentrale der Polizei Kanton Solothurn ein. Zeitgleich werden eine Videokamera in der Notrufsäule sowie die vorhandenen Videokameras im unmittelbaren Perimeter der Notrufsäule eingeschaltet. Finanziert werden diese Notrufsäulen von der Polizei Kanton Solothurn und kosten aktuell inklusive Installation rund 35'000 Franken pro Stück. Die Notrufsäulen in Kanton Solothurn werden sehr häufig missbräuchlich verwendet.

Nur wenige Polizeieinsätze aufgrund von Alarmen

Insgesamt gingen von den acht Notrufsäulen am Bahnhof Olten sowie den vier Notrufsäulen am Hauptbahnhof Solothurn im Jahr 2023 643 Alarme bei der Alarmzentrale ein. Nur 24 beziehungsweise rund 4 % davon lösten einen Polizeieinsatz aus. Die Notrufsäulen seien zudem immer wieder Ziel von Vandalismus.

Bahnhöfe sind unter anderem Anziehungs- und Treffpunkte von Alkohol- und Drogenkonsumierenden sowie Asylsuchenden

Der Regierungsrat teilt die Auffassung der Motionärinnen, dass die Sicherheitslage an den genannten Bahnhöfen Aarau, Baden und Brugg zu gewissen Zeiten angespannt ist, schreibt sie zur Motion. Bahnhöfe seien unter anderem Anziehungs- und Treffpunkte von Alkohol- und Drogenkonsumierenden sowie Asylsuchenden. Insbesondere an den erwähnten Bahnhöfen entwickelt sich mehr und mehr eine 24-StundenGesellschaft.

Wichtige Schwerpunkte für die Kantonspolizei

Dass die Bevölkerung, insbesondere in den dunklen Abend- und Nachtstunden, durch diese Menschenansammlungen verunsichert werden kann, sei nachvollziehbar. Für die Kantonspolizei stellen diese Bahnhöfe entsprechend wichtige Schwerpunkte in der täglichen Arbeit dar. Die Überwachung und Kontrollen nimmt sie gemeinsam mit der örtlich zuständigen Regionalpolizei sowie der Transportpolizei wahr. Neben der Polizeipräsenz vor Ort hat die Notrufzentrale der Kantonspolizei (KNZ) Zugriff auf Videoüberwachungsanlagen an diesen Bahnhöfen und könne sich dadurch im Ereignisfall rasch einen Eindruck der Situation vor Ort verschaffen.

Regierung findet, es brauche eine Erhöhung der Polizeipräsenz

Aus Sicht des Regierungsrats bedarf es zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung an den drei Bahnhöfen einer Erhöhung der Präsenz vor Ort durch Angehörige der Kantonspolizei, der örtlich zuständigen Regionalpolizei und der Transportpolizei sowie eine optimale Koordination zwischen den verschiedenen Polizeiorganisationen. Und weiter: "Die vorgeschlagenen Security-Points vermögen diese Wirkung nicht in einem vergleichbaren Ausmass zu erzielen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Notrufsäulen im Kanton Solothurn zu einer Zeit in Betrieb genommen wurden, in welcher die Mobiltelefone weitaus weniger verbreitet waren als heute."

Heute haben fast alle ein Handy und können Notruf absetzen

Heute verfüge eine grosse Mehrheit der Bevölkerung über ein Mobiltelefon und seit dadurch jederzeit und überall in der Lage, im Bedarfsfall die KNZ zu alarmieren, welche Zugriff auf bestehende Videoüberwachungsanlagen an den Bahnhöfen hat.

Hinzuweisen sei weiter auf den im Kanton Solothurn feststellbaren hohen Anteil von Missbräuchen der Notrufsäulen. Wer einen solchen Missbrauch betreibt, macht sich in der Regel eines falschen Alarms gemäss Art. 128bis des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (StGB) schuldig. Bei diesem Tatbestand handelt es sich um ein Offizialdelikt, weshalb jeweils polizeiliche Ermittlungen erfolgen müssen. Es handelt sich dabei zudem um ein Vergehen, welches eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich zieht.

Die Ahndung mittels einer Busse, wie es von den Motionärinnen angeregt wird, ist somit nicht möglich. Der Regierungsrat kommt zusammengefasst zum Schluss, dass der Einsatz von Security-Points kein taugliches Mittel ist, um die Sicherheit an den Bahnhöfen Aarau, Baden und Brugg wirksam zu erhöhen. Die Verbesserung sowohl der objektiven Sicherheit als auch des Sicherheitsgefühls als solches erfordert eine Erhöhung der Präsenz der Polizeiangehörigen vor Ort.

Voraussetzung dafür sei insbesondere, dass sowohl die Kantonspolizei als auch die örtlich zuständigen Regionalpolizeien und die Transportpolizei zu den sicherheitsrelevanten Zeiten an den drei genannten Bahnhöfen präsent sind. Dazu bedürfe es verbindlicher Absprachen zwischen den verschiedenen Polizeiorganisationen sowie ausreichender Bestände der jeweiligen Polizeikorps.

Entscheid heute im Grossen Rat

Ob die Regierung ein Konzept für Security points ausarbeiten muss oder ob die erhöhte Polizeipräsenz ausreicht, entscheidet der Grosse Rat heute Dienstag in der letzten Sitzung vor den Sommerferien bei der Behandlung der Motion. Wir berichten über das Ergebnis, sobald es vorliegt.

Anmerkung der Redaktion: Der Vorstoss Burri/Heggli-Boder wurde im Januar 2024 eingereicht, die Antwort der Regierung erfolgte am 20. März 2024. In jüngster Zeit ist die Polizeipräsenz (Kapo und Repol) am Bahnhof Aarau nach eigener Beobachtung abends erfreulicherweise - und leider auch notwendigerweise - hoch.