Bezug der Kantons- und Gemeindesteuern auf freiwilliger Basis kantonalisieren
Der Kanton Aargau, die Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau und die betroffenen Fachverbände der Aargauer Gemeinden prüften im Rahmen der Umsetzung der Steuerstrategie Verbesserungen im Steuerwesen, wobei der Schwerpunkt auf den Bedürfnissen der Steuerkundinnen und -kunden und der Optimierung von Prozessen lag. Neu ist geplant, den Bezug der Kantons- und Gemeindesteuern auf freiwilliger Basis kantonalisieren zu können, eine kantonale Stelle für die Erstellung der Erbschafts- und Steuerinventare zu schaffen sowie die Steuerkommissionen aufzuheben.
Der Regierungsrat bringt dem Grossen Rat die Ergebnisse und Empfehlungen der Projektarbeit mit einer Botschaft zur Kenntnis. Im Falle positiver Rückmeldungen des Grossen Rats werden die für die Umsetzung notwendigen Gesetzgebungsprozesse angegangen.
Ziel, Wohn- und Wirtschaftskanton Aargau zu stärken
Mit der Steuerstrategie 2022–2030 verfolgt der Kanton Aargau laut Mitteilung das Ziel, den Wohn- und Wirtschaftskanton Aargau zu stärken. Der Grosse Rat hat die Steuerstrategie am 21. März 2023 genehmigt und dem Regierungsrat mit den Leitsätzen 18–20 zugleich verschiedene Aufträge zur Prüfung von Optimierungen im Steuerwesen erteilt. Der Kanton, die GemeindeammännerVereinigung und betroffene Fachverbände der Aargauer Gemeinden haben zu diesem Zweck das Projekt "Taxoptima" lanciert.
Im Fokus des gemeinsamen Projekts standen laut Mitteilung die Bedürfnisse der Steuerkundinnen und Steuerkunden. Diese sollen in Zukunft von noch einfacheren und kundenfreundlicheren Abläufen profitieren und ihre Steuerangelegenheiten unkompliziert und rasch abwickeln können.
Bestvarianten "Resultat eines ergebnisoffenen Prozesses"
In enger Zusammenarbeit wurden Empfehlungen für die Themen "Bezug der Kantons- und Gemeindesteuern", "Erhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer" und "Strukturierung der Steuerkommissionen" erarbeitet. Die Projektteams waren jeweils paritätisch aus Vertretern und Vertreterinnen von Kanton und Gemeinden zusammengesetzt.
"Dank dem frühen Einbezug aller 2 von 3 vom Projekt betroffenen Gemeinwesen und Fachverbände sind die von den Projektteams erarbeiteten Lösungsvarianten im Detail aus verschiedenen Perspektiven analysiert und besprochen worden. Der Entscheid für die beste Variante wurde transparent und nachvollziehbar gefällt und wird von allen involvierten Vertretungen mitgetragen. Dies sind beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der einzelnen Teilprojekte", wird Markus Dieth, Landammann und Vorsitzender des Steuerungsausschusses des Projekts "Taxoptima", in der Mitteilung zitiert.
Aus dem Auftrag des Grossen Rats zu den Leitsätzen 18–20 betreffend Prüfung von Optimierungen im Steuerwesen seien folgende Ergebnisse hervorgegangen:
1. Freiwillige Kantonalisierung beim Bezug der Kantons- und Gemeindesteuern
Aktuell sind die Verantwortlichkeiten beim Steuerbezug der natürlichen Personen zwischen Kanton und Gemeinden aufgeteilt. Während das Kantonale Steueramt für den Bezug der Direkten Bundessteuer (DBSt) verantwortlich ist, werden die Kantons- und Gemeindesteuern (KGSt) in der Regel durch die Abteilung Finanzen der einzelnen Gemeinden bezogen. Für die Steuerkundinnen und -kunden resultieren aufgrund der unterschiedlichen Ansprechpersonen teilweise nicht immer einfach nachvollziehbare Prozesse. Aber auch aus verwaltungstechnischer Sicht geht die Aufteilung der Bezugsaufgaben zwischen den verschiedenen Gemeinwesen mit Ineffizienzen und in einzelnen Gemeinden auch mit qualitativen Schwierigkeiten einher.
Zur Verbesserung dieser Situation empfiehlt die Projektgruppe eine Reorganisation des Bezugswesens: Gemeinden sollen künftig ihre Bezugsaufgaben optional gegen eine entsprechende Entschädigung dem Kanton abgeben können. Damit wird der Heterogenität der Gemeindelandschaft und den unterschiedlichen Ausgangslagen und Bedürfnissen der Aargauer Gemeinden bestmöglich Rechnung getragen. Für die Kundschaft wird dadurch die Komplexität des Prozesses reduziert, weil es nur noch eine Kontaktstelle für den Steuerbezug gibt. Weiter kann dabei die Effizienz des Prozesses verbessert werden, da die Schnittstellen zwischen Gemeinde und Kanton entfallen. Die Kosten für die verwaltungsinternen Prozesse können reduziert werden.
2. Kantonale Stelle für Erbschafts- und Steuerinventare
Bei einem Todesfall müssen die Gemeinden unter bestimmten Umständen so genannte Erbschafts- und Steuerinventare erstellen, die anschliessend auf Kantonsebene geprüft und genehmigt werden. Weil solche Steuerinventare nur selten erstellt werden, verfügen nur wenige Gemeinden über die notwendige Routine und Fachkompetenz in dieser Aufgabe. Das führt zu übermässigem Abstimmungsbedarf zwischen den Gemeinden und dem Kanton, was wiederum bei den Steuerkundinnen und -kunden regelmässig zu langen Wartezeiten führt.
Deshalb soll dieser Prozess dem Kanton übertragen werden. "Das geringe Mengengerüst spricht eindeutig für die Etablierung einer zentralen Stelle mit dem entsprechenden Fachwissen. Qualität und Effizienz können so gesteigert werden und für die Kundschaft besteht so auch eine klare Kontaktstelle", sagt Patrick Gosteli, Grossrat und Präsident der Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau.
3. Aufhebung der Steuerkommissionen
Heute verfügt jede Gemeinde bzw. jedes regionale Steueramt über eine fünfköpfige Steuerkommission, der neben der Vorsteherin oder dem Vorsteher des Gemeindesteueramts, dem kantonalen Steuerkommissär oder der kantonalen Steuerkommissärin auch drei vom Volk gewählte Mitglieder angehören. Die Milizorganisation tagt gerade in kleineren Gemeinden nur sehr sporadisch und die Besetzung der Kommissionssitze gestaltet sich je länger, je anspruchsvoller.
Auch habe die demokratische Bedeutung der Steuerkommission in den letzten Jahren stark abgenommen, da sie sich heute fast ausschliesslich mit steuerfachlichen Aufgaben auseinandersetzt, die spezifisches Fachwissen erfordern. In der Praxis wird die eigentliche Veranlagung und die Vorbereitung von Einspracheentscheiden deshalb bereits heute von einer Delegation, bestehend aus dem Vorsteher bzw. der Vorsteherin des Gemeindesteueramts und der kantonalen Steuerkommissärin bzw. dem kantonalen Steuerkommissär, durchgeführt. Die Steuerkommission entscheidet aufgrund dieser Fachvorbereitungen.
Der Einfluss der gewählten Mitglieder auf den Veranlagungs- und Einspracheprozess ist somit faktisch nur noch sehr gering. Die Steuerkommission soll daher abgeschafft werden, um die Verfahren im Sinne der betroffenen Steuerzahlenden zu beschleunigen und weiter zu professionalisieren. Anhörungsstart für Gesetzesrevisionen ist Mitte 2025 Nach der Beratung der Botschaft zu den Prüfergebnissen betreffend die optimierte Zusammenarbeit von Kanton und Gemeinden im Steuerwesen plant der Regierungsrat im Falle positiver Rückmeldungen des Grossen Rats, die für die Umsetzung notwendigen Gesetzgebungsprozesse anzugehen. Der Start zur öffentlichen Anhörung ist für das 2. Quartal 2025 geplant.
Die Umsetzung der drei einzelnen Teilprojekte erfolgt etappiert voraussichtlich ab Januar 2028 und bedarf auch noch organisatorischer Anpassungen bei Kanton und Gemeinden. Weitere Informationen dazu sind unter www.ag.ch/grossrat > Geschäfte > Suche Geschäfte > Geschäfts-Nr. GR 24.321 verfügbar.