Kommt flächendeckende Sprachförderung für Vorschulkinder?
Zwischen 2021 und 2024 führte der Kanton Aargau in ausgewählten Gemeinden Pilotprojekte zur "Deutschförderung vor dem Kindergarten" durch. Gestützt auf den nun vorliegenden Evaluationsbericht plant der Regierungsrat, den Gemeinden in einem ersten Schritt ab 2026 die Durchführung einer flächendeckenden Sprachstanderhebung eineinhalb Jahre vor Kindergarteneintritt zu ermöglichen. Dies teilt das Departement Bildung und Kultur (BKS) mit.
Für die flächendeckende Umsetzung der Sprachförderung in allen Gemeinden sollen im Rahmen des Projekts "Klärung der Rechtsgrundlagen Kinder- und Jugendhilfe" die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden.
Ziel: möglichst früh in Kontakt mit der deutschen Sprache kommen
Gute Sprachfähigkeiten bilden eine zentrale Grundlage für den Schulerfolg von Kindern. Für Kinder, die mit einer anderen Familiensprache als Deutsch aufwachsen, ist es daher wichtig, möglichst früh in Kontakt auch mit der deutschen Sprache zu kommen. Aufgrund von mehreren parlamentarischen Vorstössen hat der Regierungsrat anfangs Juni 2020 die Durchführung von Pilotprojekten zur "Deutschförderung vor dem Kindergarten" beschlossen.
In deren Fokus standen die Identifikation von Kindern mit Förderbedarf sowie die anschliessende Umsetzung der Sprachförderung. Mit den Pilotprojekten in ausgewählten Aargauer Gemeinden wurden zwischen 2021 und 2024 Erkenntnisse gesammelt, die eine Entscheidungsgrundlage für die mögliche Einführung einer flächendeckenden, obligatorischen Deutschförderung vor dem Kindergarten bilden. Die Pilotgemeinden decken die Vielfalt an Gemeinden bezüglich der geografischen Verteilung und der Gemeindetypologie gut ab.
Freiwilliges Angebot in den Pilotgemeinden
In den vergangenen drei Jahren wurde allen Eltern in den Pilotgemeinden eineinhalb Jahre vor Eintritt ihres Kinds in den Kindergarten ein Fragebogen (DaZ-E der Universität Basel) mit alltagsbezogenen Fragen zum aktuellen Sprachstand des Kinds zugeschickt. Ergab sich aus der Auswertung des Fragebogens ein Förderbedarf, konnten die Eltern ihr Kind im Rahmen des Pilotprojekts während eines Jahrs an zwei Halbtagen pro Woche freiwillig in eine Spielgruppe oder Kindertageseinrichtung schicken. Während der Pilotphase übernahm der Kanton einen Grossteil der Kosten für die Förderung.
Erkenntnisse aus den Pilotprojekten
Die Durchführung der Pilotprojekte wurde durch die Pädagogische Hochschule St. Gallen und das Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) extern evaluiert. Die Evaluation habe gezeigt, schreibt das BKS, dass das gewählte Auswahlverfahren und die Förderung in Spielgruppen und Kindertageseinrichtungen in den teilnehmenden Gemeinden erfolgreich umgesetzt werden konnten.
Die Kinder machen über das Sprachförderjahr hinweg signifikante Fortschritte in ihren Deutschkenntnissen und haben im Förderjahr vor dem Kindergarten Grundkenntnisse in der deutschen Sprache erworben. Ein Grossteil der Kinder war jedoch auch nach einem Jahr Sprachförderung auf zusätzliche Unterstützung im Kindergarten angewiesen. Auch die Sprachstanderhebung mittels Elternfragebogen wird positiv bewertet, so das BKS.
Die Einschätzungen der Eltern zum Sprachstand ihres Kinds entsprechen in etwa denjenigen der Fachpersonen in den Spielgruppen und Kindertageseinrichtungen. Die pädagogische Hochschule St. Gallen und das BASS empfehlen aufgrund ihrer Auswertung, die Deutschförderung ein Jahr vor dem Kindergarten flächendeckend einzuführen und dazu bestehende Strukturen (Spielgruppen, Kindertageseinrichtungen) zu nutzen.
Einführung einer kantonsweiten Sprachstanderhebung
Eine erfolgreiche Umsetzung der frühen Sprachförderung erfordere umfassende Vorbereitungsarbeiten in und durch die Gemeinden, hält das BKS weiter fest. In einem ersten Schritt hat der Regierungsrat daher beschlossen, den Gemeinden kantonsweit die Einführung einer Sprachstanderhebung bei Kindern eineinhalb Jahre vor Eintritt in den Kindergarten zu ermöglichen.
Der Kanton Aargau stellt dafür allen Gemeinden den Elternfragebogen zur Verfügung und übernimmt die Kosten für die Auswertung. Die Gemeinden führen die Sprachstanderhebung freiwillig durch und erhalten für ihre Aufwände eine jährliche Pauschale. Die Massnahme gilt vorerst für drei Jahre von 2026 bis 2028. Parallel dazu sollen auf Basis der Empfehlungen des Evaluationsberichts im Rahmen des Projekts "Klärung Rechtsgrundlage Kinder- und Jugendhilfe" die rechtlichen Grundlagen für eine flächendeckende Umsetzung der Sprachförderung in allen Gemeinden geschaffen werden.