Was der Bundesrat auf Anfragen aus dem Aargau antwortete, etwa zu "Kinderrenten als Geschäftsmodell?" oder zur Geothermie
Mit Blick auf die zweite Fragestunde im Nationalrat am 10. Juni wurden auch von Aargauer Nationalrätinnen und Nationalräten mehrere einfache Anfragen eingereicht. Hier folgen alle bundesrätlichen Antworten, die schriftlich gegeben wurden. Mündlich erteilte Antworten sind hier teilweise schon gestern Abend (am 10. Juni) in separaten Artikeln vorgestellt worden.
Geothermisches Potenzial des Untergrunds besser nutzen - wo stehen wir?
Mit seiner Motion 22.3702 sei der Bundesrat vor 2 Jahren beauftragt worden, die Grundlagen so zu ändern, damit das geothermische Potenzial im tiefen Untergrund besser genutzt werden kann, schrieb Matthias Jauslin (FDP/AG) in einer einfachen Anfrage. Er wollte nun jetzt wissen:
Frage 1: Haben die betroffenen Bundesämter inzwischen geklärt, welche zusätzlichen Potenziale erschlossen werden könnten?
Frage 2: Wie gross ist der zusätzliche Winterstrombedarf, wenn das Potenzial nicht genutzt wird?
Frage 3: Können bereits Konstellationen genannt werden, die eine ökologisch vertretbare Nutzung zulassen?
Antwort: Nutzbares Potenzial wird deutlich kleiner sein als das theoretische Potenzial
In der schriftlichen bundesrätlichen Antwort an Jauslin heisst es: Die Klärung der Potenziale ist im Gang. Eine vom Bundesamt für Energie im Auftrag gegebene Studie zeigt, dass das theoretische Wärmenutzungspotenzial in den Lockergesteins-Grundwasserleitern der Schweiz mit der heutigen gewässerschutzrechtlichen Regelung ca. 17 TWh, resp. 4.2 GW beträgt.
Da die kantonalen Datensätze zu den Grundwasservorkommen aber noch sehr lückenhaft sind und nicht von allen Kantonen geliefert werden konnten, bleiben die Unsicherheiten bezüglich dieser Potenziale hoch, so der Bundesrat. Das nutzbare Potenzial werde aber deutlich kleiner sein als das theoretische Potenzial. Zum Potenzial aus den Kluft- und Karst-Grundwasserleitern gibt es noch keine belastbaren Zahlen.
Frage 2: 20 bis 30% des zusätzlichen Winterstrombedarfs könnten mit dem erneuerbaren Wärmepotenzial aus dem Untergrund eingespart werden.
Frage 3: Nein, die Arbeiten sind im Gang. Damit das Wärmenutzungspotenzial aus dem Untergrund wirtschaftlich und ökologisch vertretbar genutzt werden kann, seien bessere Datengrundlagen und Kenntnisse der genutzten Ressourcen erforderlich. Mit den aus thermischen Projekten gewonnenen neuen Daten lassen sich behördenseitig sowohl die energetische Nutzung optimieren als auch die Schutzanforderungen besser adressieren, so die bundesrätliche Antwort.
Für bedarfsgerechte Unterstützung für ausserfamiliär untergebrachte junge Menschen
Was kann der Bundesrat beitragen, damit ausserfamiliär untergebrachte junge Menschen, die keinen familiären Support erhalten, bis zum Alter von 25 auf bedarfsgerechte Unterstützung zurückgreifen können? Das fragt Nationalrätin Simona Brizzi (SP/AG).
Es sei inzwischen breit anerkannt und von der Forschung belegt, dass die Jugendphase sich verlängert habe und junge Menschen im Übergang in die Eigenständigkeit bis 25 unterstützt werden sollen (vgl. elterliche Unterhaltspflicht, Massnahmen gemäss JStG, Kinder- und Jugendförderung), schreibt Brizzi.
Vertrauensperson für Heim- und Pflegekinder
In den Forschungsergebnissen und Impulsen zum NFP 76 wurde festgehalten, dass für Care Leaverinnen und Care Leaver im anspruchsvollen Übergang ins Erwachsenenleben vertrauensvolle Beziehungen bzw. konstante Bezugspersonen wichtig sind. Das schreibt Nationalrätin Stefanie Heimgartner (SVP/AG) in einer Anfrage an den Bundesrat.
Sie will jetzt wissen: "Welche Strategie verfolgt der Bundesrat, damit die in der PAVO genannte Vertrauensperson während der ausserfamiliären Unterbringung eingesetzt wird und über den Austritt hinaus Unterstützung bieten könnte?"
Das antwortete der Bundesrat kurz und knapp
Wie wird die Chancengleichheit bei der Berufswahl für Jugendliche aus Heimen und Pflegefamilien sichergestellt?
Eine Anfrage kommt auch von Nationalrat Andreas Meier (Die Mitte/AG). «Alle Jugendlichen sollen gleiche Bildungs- und Berufschancen erhalten, unabhängig von ihrer Lebenssituation», formuliert die Synthese des NFP 76. Das stellt Meier fest, und fragt:
"Wie stellt der Bundesrat sicher, dass junge Menschen, die in Pflegefamilien und Heimen aufwachsen, Chancengleichheit erfahren, indem sie ihr Bildungspotenzial ausschöpfen können und nicht, aufgrund zeitlicher und finanzieller Erwägungen und fehlender familiärer Unterstützung, eine bestangepasste Bildung verpassen?"
Das antwortet der Bundesrat Andreas Meier
In seiner schriftlichen Antwort (unautorisierte Übersetzuung aus dem Französischen) antwortete der Bundesrat so: Eines der ausbildungspolitischen Ziele von Bund und Kantonen ist, dass 95 % der 25-jährigen Jugendlichen in der Schweiz über einen Abschluss der Sekundarstufe II verfügen. Zu diesem Zweck verfüge die Schweiz über einen Berufswahlprozess, der funktioniert und allen jungen Menschen zugute kommt.
Dieser Prozess sei ein integraler Bestandteil der Pflichtschulprogramme der Sekundarstufe I. Dabei spieltrdie Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung eine wichtige Rolle. In allen Kantonen gebe es ein breites und gut etabliertes Angebot. Dazu gehören professionelle Informationen oder Coaching- und Mentoring-Angebote. Zudem werden zahlreiche Initiativen von Berufsbildungspartnern angeboten, um alle orientierungssuchenden jungen Menschen zu erreichen, etwa Karrieremessen, Karrieremarketing oder verschiedene Plattformen wie orientierung.ch . Der Bund unterstützt diese Angebote im Rahmen der Projektförderung.
Alle jungen Menschen haben die Möglichkeit, Zugang zu einer beruflichen Erstausbildung zu erhalten, antwortet der Bundesrat weiter. Unternehmen seien selbst an der Rekrutierung und Ausbildung zukünftiger Fachkräfte interessiert und schlössen daher Ausbildungsverträge mit jungen Menschen ab.
Der Zugang zu Ausbildung, Forschung und Innovation müsse im Rahmen der individuellen Begabung für alle Menschen in der Schweiz gleichberechtigt möglich sein. Als Querschnittsthema sei Gerechtigkeit von großer Bedeutung. Deshalb werde der Bundesrat in den kommenden Jahren seine Bemühungen zum Abbau von Diskriminierung und Ungleichheiten, insbesondere im Bereich der Ausbildung, fortsetzen.
Kinderrente nach Thailand als Geschäftsmodell?
Das will Nationalrat Thomas Burgherr (SVP/AG) in einer Anfrage wissen. Er fragt: "Wie erklärt sich der Bundesrat den massiven Anstieg an Kinderrenten ins Ausland, etwa nach Thailand von 250 000 Schweizer Franken auf rund 4,5 Millionen Schweizer Franken in 20 Jahren?
- Welches Missbrauchspotenzial sieht er und was unternimmt er gegen das "Geschäftsmodell" mit angeheirateten Kindern?
- Welche Länder haben sonst noch auffällige Anstiege an Kinderrenten aus der Schweiz zu verzeichnen?"
Das antwortete der Bundesrat Thomas Burgherr
In den letzten 20 Jahren sind die AHV-Kinderrenten generell angestiegen, antwortee der Bundesrat schriftlich. Grund dafür seien der demografische Wandel und ein höheres Alter der Eltern bei der Geburt der Kinder. Der persönliche Entscheid, in einem fortgeschrittenen Alter Kinder zu bekommen oder eine Person mit Kindern zu heiraten, könne nicht als Missbrauch angesehen werden.
In Thailand ist die Anzahl der Kinderrenten von 2001 bis 2023 proportional zur Anzahl Altersrenten gestiegen, und die durchschnittliche Anzahl Kinderrenten pro Elternteil in Thailand und in der Schweiz ist vergleichbar, antwortet der Bundesrat weiter. Die Schweiz habe mit Thailand kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen, weshalb nur Renten für Kinder von schweizerischen Staatsangehörigen und von Vertragsstaatsangehörigen exportiert werden. Vergleichbare Wachstumsraten wie Thailand weise zum Beispiel Portugal auf.
Zuständigkeit liegt bei der Schweizerischen Ausgleichskasse
Die Schweizerische Ausgleichskasse ist für alle in- und ausländischen AHV-Versicherten mit Wohnsitz im Ausland zuständig und ergreift die notwendigen Massnahmen, um Missbräuche beim Leistungsbezug im Ausland zu bekämpfen. Sie prüft insbesondere den Wohnsitz des Kindes und sein allfälliges Einkommen. Bei Kindern in Ausbildung überprüft sie die Angaben zur Ausbildung, insbesondere die Gültigkeit des Ausbildungsnachweises und ob die Ausbildung in einer angemessenen Frist absolviert wird.
Wie stellt der Bundesrat sicher, dass Antworten in der Fragestunde korrekt sind?
Eine ganz besondere Frage stellte in der Fragestunde Nationalrat Matthias Jauslin (FDP/AG). Laut Antwort auf eine Interpellation gebe es ein nationales Luftverkehrsbetreiberzeugnis, dessen Grundlage nach mehrmaligem Nachfragen nun offenbar in Art. 3 der Verordnung über die Umsetzung der EU-Verordnung 965/2012 gefunden wurde, schrieb Jauslin in seiner Anfrage.
Dort finde sich aber weder der Begriff Luftverkehrsbetreiberzeugnis noch werden Anforderungen dafür definiert. Die Verordnung ist zudem erst 15 Monate nach der Beantwortung der Interpellation in Kraft getreten. Er will deshalb wissen, wie der Bundesrat sicherstellt, dass seine Antworten in der Fragestunde korrekt sind bzw. wie er sich diese Ungereimtheiten erklärt.
Die Antwort bekam Jauslin am Montag schriftlich. Der Bundesrat vermöge in seinen Antworten vom 23. November 2022, 13. März 2023, 5. Juni 2023, 25. September 2023 und 18. Dezember 2023 zum jeweils gleichen Thema keine Ungereimtheiten zu erkennen. Zwischen der Beantwortung der Interpellation 22.4080 und der Beantwortung der letzten Frage im Herbst 2023 habe sich die Rechtslage verändert.
Es treffe zu, dass in Art. 3 der Verordnung des UVEK über die Umsetzung der Vorschriften über den Flugbetrieb nach der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 der Begriff «Luftverkehrsbetreiberzeugnis» wie auch die Voraussetzungen zu dessen Ausstellung nicht explizit genannt werden, räumt der Bundesrat ein. Beides sei bereits in der Verordnung (EU) Nr. 965/2012, auf welche Art. 3 der UVEK-Verordnung verweist, geregelt, was eine ausreichende Grundlage darstelle.
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